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John von Bergen, geboren 1971 in Connecticut, USA, studierte in New York an der School of Visual Arts und lebt und arbeitet seit dem Jahr 2003 in Berlin. In der Galerie Lena Brüning zeigt er nun in seiner ersten Einzelausstellung in Deutschland eine Auswahl von Bleistiftzeichnungen, UFO-UMIS, die den Betrachter mit Abbildungen nie gesehener Objekte konfrontieren. Oft scheint es sich bei den Strukturen, die aus verschiedenen Winkeln in die harte Leere des weißen Blattes eindringen und trotz ihrer kalten Strenge oft über den Rand des Blattes hinauswuchern um organisches Material zu handeln. Ist es moosbewachsene Rinde, die dort akribisch und mit unerbittlichem Fleiß dargestellt wird? Sind es Mikroskopaufnahmen von genetisch mutierten Muskelsträngen? Vielleicht kleinste Einzeller, die durch die Atmosphäre schweben? Meteoriten im All oder extraterrestrische Landschaften? Vielfältige Assoziationen werden wachgerufen, nie aber erlangt man Gewissheit. Gleichzeitig haben die UFO-UMIS den dokumentarischen Charakter einer wissenschaftlichen Versuchsreihe. Die Zeichnungen sind chronologisch nach ihrem Entstehungsdatum durchnumeriert. Durch den Prozess des Modellbaus (wobei das Modell aus einem dem Betrachter unbekannt bleibenden Material angefertigt und zerstört wird, nachdem es seinen Zweck erfüllt hat), des anschließenden Fotografierens und des extremen Vergrößerns wird der malerische Gestus soweit wie möglich ausgeklammert. Trotz der stark handwerklichen Ausrichtung der Arbeiten entsteht somit eine maschinelle Kälte, die deren bedrohliche Ausstrahlung noch verstärkt.

Die Zeichnungen sind gegenständlich; doch die Gegenstände, die sie abbilden, sind uns unbekannt. In dem Text Between an Ethics of the Alien and a Morality of the Monster: Badiou and the Blob [1] , diskutiert Stephen Ziepke genau diese Situation, die für den Menschen die vielleicht Unheimlichste überhaupt ist: etwas zu begegnen, das unbeschreiblich ist, da es über die Grenzen des menschlichen Fassungsvermögens hinausgeht, weil es sich nicht einordnen, mit nichts vergleichen lässt. Wir stehen vor dem Problem, etwas nie zuvor Gesehenes begreifen, beschreiben zu wollen und befinden uns dabei in einer ähnlichen Situation wie die oft jungen Entdecker außerirdischer Lebensformen in Science-Fiction Filmen, wenn sie versuchen anderen darzustellen, was ihnen begegnet ist. Was sich nicht begreifen lässt, weil es absolut neuartig ist und nie zuvor gesehen oder erfahren wurde, wird vom Menschen meist als Gefahr empfunden, ein Phänomen, das auch in der fantastischen Literatur immer wieder thematisiert wird.

Bereits im 16. Jahrhundert erregte Caravaggio durch den neuartigen Einsatz von dramatischen, harten Lichtkontrasten und die realistisch-naturalistische Darstellung von erschreckenden Szenen großes Aufsehen. Seitdem ist der Aspekt des Verstörenden in der Kunst immer Thema geblieben und das Abgleiten der Realität ins Horrorhafte, Befremdende oder Absurde findet sich sowohl in der bildenden Kunst als auch in den Videos Chris Cunninghams oder, in der Musik, in den verzerrten Sounds von Rockgitarren.

Da John von Bergen aber nicht nur zeichnet, sondern außerdem mit diversen Medien wie Fotografie und Skulptur arbeitet, stellen die UFO-UMIS nur einen Aspekt seiner Arbeit dar. An der Decke der Galerie befindet sich eine Installation, die erst beim Betreten des Büros vom Besucher in ihrem vollen Ausmaß wahrgenommen wird.

[1] Ziepke, Stephen: Between an Ethics of the Alien and a Morality of the Monster: Badiou and the Blob, Wien, 2004/5.

Pressetext

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John von Bergen: UFO-UMIS