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John Wesley, 1928 in Los Angeles geboren und seit 1960 in New York lebend, gehört zu den profiliertesten und eigenwilligsten Malern der Vereinigten Staaten. Wurden seine Werke anfänglich vor allem mit dem Begriff Pop Art assoziiert, so ist diese Zuschreibung nach und nach einer dezidierteren Sehweise gewichen. Peter Schjeldahl etwa bemerkt 1973: „Wesley wurde eine Dekade zuvor bekannt als eine Art Pop-Künstler. Mit seinem emblematischen Stil ist er jedoch einzigartig, ein hermetischer visueller Poet im Sinne von Bill Copley. Er ist eine Art Surrealist, denke ich, obwohl kein Etikett in diesem Fall wirklich hilfreich ist.“ In der Tat bewegt sich Wesleys Werk oft an der Schnittstelle zwischen Lebenswelt und Traum. Aus der simplifizierten Bildsprache des Comics entwickelt der Künstler ein Spektrum menschlichen Verhaltens, in dem auch Ausflüge ins Phantastische keineswegs fehlen.

Charakteristisch ist die ornamentale Struktur, die sich zuerst in den Randzonen seiner Bilder artikuliert, um schließlich vom Bildinneren Besitz zu ergreifen. Sein hintergründiger Humor ist ebenso gerühmt worden wie sein obsessives Verhältnis zur Erotik. Bereits Lucy Lippard spricht 1966 vom „grundlegenden Erotizismus“ seines Werkes. John Yau hat diesen Wesenszug eingehend in seinem Essay „The Erotic Other“ (1991) analysiert. Erstaunlich ist, daß in seinen Zeichnungen und Gouachen die großen Gemälde bereits weitgehend beschlossen liegen. Hier setzt unsere Ausstellung an. Gewöhnlich ist das erste Stadium eine Bleistiftzeichnung, die oft von einem gefundenen Fotomotiv ausgeht. Jede Linie tritt von Anfang an mit größter Bestimmtheit auf. Die Zeichnungen bilden das Substrat für die Gouachen, es sind echte concetti. Insofern sind beide Bildgattungen authentisch und sprechend für Wesleys Œuvre insgesamt. Die Ausstellung schließt an die umfangreiche Retrospektive der Gemälde im P.S. 1, Long Island (2000) an. Zum ersten Mal überhaupt aber liegt nunmehr der Fokus allein auf den Papierarbeiten und gewährt ebenso intime wie erhellende Einblicke in die Werkstattarbeit des Künstlers. Für die Ausstellung wurden ca. 180 Werke seit 1960 aus Wesleys Atelier, aus Privatsammlungen im Umkreis von New York und Boston, aus der Sammlung der Chinati Foundation, Marfa, zusammengetragen, ergänzt durch einzelne Werke aus deutschen Privatsammlungen.

Zur Ausstellung, die anschließend in der Kunsthalle Nürnberg (16. Februar – 23. April 2006) gezeigt wird, erscheint ein 168 Seiten starker Katalog im Kerber Verlag, Bielefeld, mit Texten von Martha Schwendener und Martin Hentschel.

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