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In ihrer Ausstellung nähert sich Julia Bünnagel (*1977) vom bildhauerischen Standpunkt aus dem Thema 'Stadt' mit seinen vielschichtigen Bedeutungsebenen. Die Künstlerin bezieht dabei malerische, photographische und auditive Elemente mit ein. Der Neologismus 'Subcity' spielt hier auf eine parallel ('sub') zu unserer realen Umwelt existierende Modellstadt bzw. auf utopische Architekturentwürfe an.

Zentrale Arbeit ist die titelgebende 'Subcity' im Hauptraum der Galerie, eine Installation bestehend aus zugeschnittenen und miteinander verleimten Holzlattenstücken unterschiedlicher Dimensionen, die wie Stelen zwischen Boden und Decke gespannt sind, und einer Rahmung aus mit Graphitpigment bestrichenen Papierbahnen, die vertikal vor die Wände gehängt wurden. Während die in der Mitte des Raums aufgebaute, umgehbare Modellstadt mit ihren vielfältigen formalen Spiegelungen und Variationen eindeutig den kompakteren und physischeren Part repräsentiert, changieren die Graphitbahnen zwischen Malerei und Skulptur, und trotz der flächigen Betontheit gelingt es diesem Teil der Arbeit, die grundsätzliche Artikulation von Perspektivität und Tiefe weiter zu steigern, indem er mit einem geringen Abstand vor der Wand positioniert wurde, so dass die in leuchtendem Grün bemalte Rückseite farbiges Licht in den schmalen Spalten zwischen den Segmenten erzeugen kann. Dieser atmosphärische grüne Schein ist in der Ausstellung das einzige Zugeständnis an eine bunte Farbigkeit, denn jenseits davon bieten sich dem Betrachter einzig Schwarz bzw. Anthrazit und die formale Strenge und Schlüssigkeit der Arbeit, welche jegliche Abschweifung von der eigentlichen Fragestellung ausblendet. Zugleich erzeugt die Dominanz des Schwarz den Eindruck von urbanen Reflexen bei Nacht. Darüber hinaus kontrastiert das subtil glänzende Dunkelgrau des rhythmisch-seriellen Papierpatterns und dessen leichte Unebenheiten mit dem matten Weiß der umgehbaren Skulptur und ihren klar geschiedenen Kanten und Flächen. Die im hinteren Bereich der Galerie aufgebaute 'Dark City' aus verschieden hohen Holzelementen, die in dem gleichen silbrigen Graphitton wie die Papierlamellen bemalt wurden, ist quasi die Miniaturausgabe zu 'Subcity' – da sie nicht fest montiert ist, kann sie in unzähligen Spielarten immer wieder neu erfunden werden.

Die eher immateriellen Gegenspieler der dreidimensionalen urbanen Cluster finden sich in der 'Fliegenden Stadt', einer mit schwarzer Farbe und Lack bearbeiteten MDF-Platte (85 x 140 cm), und einer Gruppe von Schwarzweiß-Photographien hinter Glas (je 13 x 18 cm) mit dem Titel 'und am Rande der Stadt die Finsternis'. Mit einem vergleichsweise hohen Abstraktionsgrad hat Julia Bünnagel bei der Fliegenden Stadt eine Citysilhouette und deren Spiegelung erzeugt. Der an den klassischen Rohrschachtest erinnernde asymmetrische Umriss aus Lack hat sich von jeglicher Tiefe und Binnenstruktur entfernt. Graduell konkreter, aber in letzter Instanz sich dem Zugriff entziehend, funktionieren die Photoarbeiten, die die Künstlerin während nächtlicher Zug- und Autofahrten sowie von einem festen Standort aus aufgenommen und teilweise nachbearbeitet hat. Entstanden sind dabei flirrende Lichtstenogramme, die einerseits Hochhäuser als skulpturhafte Leuchtquader von transparenter Stofflichkeit und Leichtigkeit darstellen, andererseits nur noch ein Minimum an formalen Werten anbieten, das die figurative Lesbarkeit an ihre absolute Grenze treibt. An dieser Stelle wird auch deutlich, dass es Julia Bünnagel weniger um eine technisch ausgefeilte Architekturphotographie von nächtlichen Stadtansichten geht, als vielmehr um autonome Photoarbeiten, die ebenso wie die anderen Werke dieser Ausstellung einen assoziativen Echoraum zum Konzept 'Urbanität' entwerfen. Dieses Konzept beinhaltet ein Set formaler Möglichkeiten, eine sich ständig neu formulierende Konstruktion aus Mikro- und Makrostrukturen, von Neben- und Hauptsystemen. Atmosphärisch hinterlegt und verdichtet wird der 'Stadtklang' durch das Soundpiece 'morgen in der Schlacht denk an mich'.

Gabriele Wurzel

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Julia Bünnagel
Subcity