press release only in german

Kaffee aus Helvécia
Afrikanisches Brasilien, St. Galler Stickerei und eine modernistische Utopie
29.08.2017 - 28.01.2018

5. November 2017, 15 Uhr
Gespräch zwischen Denise Bertschi und Roger M. Buergel

Eine der grössten Kaffeeplantagen des 19. Jahrhunderts, gelegen im brasilianischen Nordosten, war fest in schweizerischer Hand. Was genau sich dort zutrug, ist aber weitgehend unbekannt. Der heutige Zustand von Helvécia jedenfalls gibt kaum Aufschluss über die freiwilligen und unfreiwilligen Arbeits- und Lebensformen, die sich damals zwischen den europäischen Einwanderern und afrikanischen Sklaven sowie deren freien Nachkommen entwickelt haben. Gut ein Jahrhundert später wird eine andere Kaffeeplantage Schauplatz eines gesellschaftlichen Experiments; der brasilianische Architekt und Schriftsteller Flávio de Carvalho (1899-1973) begründet auf der Fazenda Capuava Ende der 1930er Jahre eine unabhängige Republik für «nackte Menschen» (d.h. für Menschen, die es ablehnen nach sozialer oder ethnischer Zugehörigkeit, Nationalität, Geschlecht usw. kategorisiert zu werden).

Formen von Gemeinschaft, die sich aus Migrationsschicksalen, Sklaverei, Güternachfrage, Arbeitsverhältnissen und utopischen Phantasien ergeben, stehen im Zentrum dieser Ausstellung. Bestückt mit Dokumenten aus brasilianischen Archiven, Aquarellen aus der Pinacoteca und Artefakten aus dem Museu Afro-Brasil in São Paulo sowie einer zeitgenössischen Video- und Textilarbeit der Künstlerin Denise Bertschi wird ein zentrales Kapitel der Schweizer Kolonial- und Verflechtungsgeschichte beleuchtet.