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Wenngleich Alfred Ehrhardt Pflanzen so gut wie nie fotografiert hat, war doch das Vegetabile stets Ausgangspunkt seines fotografischen Werks. Geprägt vom lebensphilosophischen Zeitgeist des ersten Jahrhundertviertels, begriff er die Erscheinungen der Welt als von schöpferischer Energie bewegte Elemente, die einen sich beständig neu entfaltenden Organismus bilden, der die Dynamik des »Lebensstroms« bestimmt. Dabei fand Ehrhardt in der Welt der Anorganika die Bestätigung seiner vitalistischen Anschauung. Wenn die Fotografie der Neuen Sachlichkeit mit Karl Blossfeldt und Albert Renger-Patzsch von der Pflanzenfotografie ihren Ausgang nahm, so wandte er sich von dort aus vorwiegend anorganischer Materie zu wie Sandstrukturen, Kristalle oder Muscheln, Korallen und Schwämmen, um deren vermeintlich organische Genese zu hinterleuchten. In diesem Zusammenhang erhalten seine Aufnahmen von Korallen und Schwämmen insofern besonderen Stellenwert, als sie häufig an Äste, Büsche, Bäume oder Pflanzen erinnern. Schwämme sind Geißeltierchen-Tierstöcke, die Gebilde aus Kalk- oder Kieselnadeln oder Hornfasern bauen. Korallen sind die von Korallenpolypen zurück gelassenen Kalkskelette, die man nicht zufällig noch im 18. Jahrhundert der Pflanzenwelt zuordnete.

Karl Blossfeldt (1865-1932), Dozent und später Professor an der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums in Berlin, hat ursprünglich nur für den Kunstunterricht seine Aufnahmen von Pflanzen angefertigt. Bis heute hat sein Werk Künstler, Kunsthandwerker und Architekten geprägt. Sein Buch Urformen der Kunst, 1928 im Wasmuth Verlag erschienen, hat ihn weltweit bekannt gemacht. Neben August Sander und Albert Renger-Patzsch zählt Blossfeldt zu den bedeutendsten Vertretern der Neuen Sachlichkeit in der Fotografie. In der Ausstellung werden Beispiele seiner ornamentalen Pflanzenfotografien (1915-1925) gezeigt und Fotografien von Fritz Kühn gegenübergestellt.

Fritz Kühn (1910-1967), Kunstschmied und Metallgestalter, war als Fotograf Autodidakt. In der Ausstellung werden Originalfotografien aus den 30er Jahren gezeigt, die seine schmiedeeisernen Metallarbeiten dokumentieren. In dieser wird sichtbar, wie Kunst und Handwerk auf das schönste sich vereinen können. Gitter, Tore, Türen, Leuchter – von Fritz Kühn werden sie zu Kunstformen geschmiedet.

Karl Blossfeldts Urformen der Kunst hat ihm als Anregung gedient, wie in seinem Buch Geschmiedetes Eisen, 1939 erstmals auch im Wasmuth Verlag erschienen, zum Ausdruck kommt. Günther Wasmuth, der Verleger, sagt in seinem Vorwort: „… Und in diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass ihm, wie Fritz Kühn selbst sagt, das Buch Blossfeldts Urformen der Kunst mancherlei Anregung vermittelt hat. Manches Vorbild dieses Buches konnte er in Eisen übersetzen, und das beweist, wie wichtig die Arbeit Professor Blossfeldts war, der durch die Vergrößerung oft kleinster Pflanzenteile einen Einblick in die Geheimnisse der Natur verschaffen wollte und dessen Wunsch bei dieser Arbeit gewesen ist, durch seine Vorbilder Kunst und Handwerk zu beeinflussen…“. Für Karl Blossfeldt wie auch für Fritz Kühn war die Natur das zentrale Thema ihrer künstlerischen Arbeit. War für Blossfeldt einzig und allein die Pflanze Vorbild für sein künstlerisches Schaffen, so waren es für Fritz Kühn vor allem die Blossfeldtschen Pflanzenmotive, die er in abgewandelter künstlerischer Form zu geschmiedetem Eisen formte.

Die Ausstellung wird anlässlich der 3-jährigen Kooperation der Alfred-Ehrhardt-Stiftung und der Stiftung Fotografie und Kunstwissenschaft Ann und Jürgen Wilde in den gemeinsamen Räumen in Köln-Bayenthal gezeigt.

Pressetext

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Karl Blossfeldt - Alfred Ehrhardt - Fritz Kühn. de materia vegetabile