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Die Düsseldorfer Malerin Katharina Grosse hat durch ihre flächendeckende Arbeitsweise ein neues Malkonzept entwickelt, das in dieser Ausstellung auf den Raum des Kunstverein Ruhr angewendet wird. Es geht um eine Beziehung von Farbe und Raum, die hier in besonderer Weise radikalisiert werden soll. Katharina Grosse wird ihre Malerei direkt auf den Wänden und der Decke des Raumes verwirklichen - ohne dabei einen "Bildträger" im traditionellen Sinne zu gebrauchen.

Wenn vom "Raumbezug" der Malerei die Rede ist, denken manche gleich an Bilder von Turner, Rothko oder Graubner, in denen Farbe als Raumphänomen wahrnehmbar wird. Farbe an sich aber hat keinen Raum, ihr Raumbezug entsteht erst dann, wenn der Widerspruch zwischen Factual Fact und Actual Fact, wie es Josef Albers ausgedrückt hat, offensichtlich wird. Wenn also die Flächigkeit eines Bildträgers von der räumlich-suggestiven Wirkung des Farbauftrags überwunden wird. Dass wir es hier mit lllusionsphänomenen, Irritationen und damit auch mit der Faszination von Farbe zu tun haben, die uns die Bedingtheit und die Grenzen unserer Wahrnehmung regelrecht vor Augen führen, ist zu einer viel beschriebenen und viel bedachten kunstgeschichtlichen Tatsache geworden.

Die prominente Reihe der großen Farbvirtuosen soll indessen kein dubioses Traditionskonstrukt für die zu erörternde Arbeit von Katharina Grosse darstellen, sondern eine einfach nicht wegzuleugnende wichtige Prämisse. Eine Voraussetzung für die Wahrnehmung der malerischen Position der Katharina Grosse, die dennoch - oder gerade deshalb unverwechselbar ist. Diese Malerin erzeugt zum Beispiel einen Teil ihrer raumgreifenden und -füllenden Gemälde mit einer industriellen Spritzpistole der Marke Sata. Mit der Wucht von 3 Bar (drei Atmoshären) wird die verdünnte Acrylfarbe durch die 1,6-Millimeter-Düse der professionellen Lackierpistole auf den Bildträger gebracht. Myriaden feinster Farbpartikel erhalten so Schicht für Schicht eine Ausdruckskraft, die nicht etwa unmittelbar an eine "innere Verfassung" der Künstlerin gebunden ist, sondern flächendeckend und zugleich räumlich irritierend ganz neue Erfahrungen ermöglicht und tatsächlich innerhalb der Malerei neue Themen entstehen lässt.

Das gilt auch für die neue Arbeit, die Katharina Grosse in Essen ausführen wird, obwohl sie nicht mit der Spritzpistole, sondern mit dem Pinsel Linie für Linie gemalt werden wird. Hier entsteht in einem langwierigen Prozess allmählich eine die Wände und einen Teil der Decke überziehendes Geflecht, eine Textur sozusagen, die raumbildend, Räumlichkeit suggerierend und zugleich irritierend wirkt.

Wenn zum Beispiel zwei Farben, die miteinander einen Komplementärkontrast bilden, nebeneinander stehen oder sich durch die Textur von parallel verlaufenden oder sich überschneidenden Linien miteinander verweben, entsteht ein ganz neues Farbphänomen, das einerseits Raumillusionen erzeugt, andererseits zugleich den architektonisch vorgegebenen Raum mit seinen Koordinaten (Ecken, Kanten, Pfeilerkonstruktion, Türleibungen) auf irritierende Weise zurücknimmt oder negiert.

Der den Raum betretende Betrachter ist umfangen von sich gegenseitig überlagernden und optisch mischenden Farbschichten und damit zugleich integraler Bestandteil einer höchst eigenwilligen Rauminstallation, in der die Faszination durch Farbe und alle damit verbundenen Irritationen immer wieder an den Verstand, an das Denkvermögen des Betrachters rückgebunden werden können.

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Katharina Grosse