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“Es gibt eine lange Tradition des Nachdenkens über die Fotografie, das von der Prämisse ihres privilegierten Zugangs zur Realität ausgeht. Im Gegensatz zu einem Gemälde oder einer Zeichnung galt die Fotografie als etwas, das den ästhetischen und kultischen Wert zerschnitt; was die Kamera produzierte, war ein Dokument ohne Aura und frei von ästhetischen Fallen.”(1) Die neuen Arbeiten Katharina Sieverdings konzentrieren sich auf höchst übersteigerte Montagen und Interfaces von Räumen, Referenzen und ProtagonistInnen. “Nur dann, wenn sie (-die Imago) bis an ihre Grenzen getrieben wird, kann sie lange ruhiggestellt werden, um Fragen zu ihrer Natur aufzuwerfen. Was ist dieses Ding, die Imago, die für das "Ich" steht und es doch nicht ist? Und was ist das, was mit der Imago spielt, sie von außen bearbeitet, gestaltet, skulpiert? Per definitionem ist sie ein Wesen, das nicht in der Repräsentation steht, sondern ihr äußerlich, gesichtslos, "abstrakt" ist..”(2) Die 23 Arbeiten der Serie “Ressource Terabyte 2009” sind hochformatig, je 190 x 125 cm, meist horizontal drei-geteilt und von intensiver komplementärer, polarisierender Farbigkeit, z.B. gelb/magenta, rot/grün, ultramarin/ orangerot, türkis/pink, coelin/yellow, weiss/rot, etc. Die Grundstruktur, Tektonik dieser Dreigliederung sind Schwarz/Weiß Dokumentarismen, Fragmente obsessiver Protokollierung der Systeme der Kunst, der Ökonomie, der Historie, des Affekts, der persönlichen Performances, des Verfalls. Diese starken analog gefilterten Farben funktionieren wie ein abstrahierendes, schmelzendes, interdisziplinäres Gussmedium, das die Fragen nach der Farbe der Wahrheit der Dokumentarismen im Kunstfeld(3), der Symbolik der Wahrheitsfarben, der affektiven Appropriation und Empfindung, des “affective turn”(4) neu formulieren und sich aus deren Konventionen lösen könnte. Es geht um die Konstituierung der Gegenmacht. “Wenn die Imago so stark konstruiert und ausgearbeitet wird, ist sie vielleicht imstande, die Kräfte der Normalisierung zurückzudrängen und in ihrem eigenen Namen zu sprechen.”(5)

(1),(2),(5) in: "Katharina Sieverding: Close Up", PS1/MoMA , NY 2004: Norman Bryson : Was, wenn wir gar keine Subjekte sind ? Über Sieverdings Abstraktion,S.13, S.14, S.15

(3) in: Hito Steyerl , "Die Farbe der Wahrheit", Verlag Turia + Kant, Wien 2008

(4) in: Sabeth Buchmann und Kathi Hofer: "Empfindung oder in der Nähe der Fehler liegen die Wirkungen", Wien 2009