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Der Kunstverein Freiburg beteiligt sich im Herbst an dem Projekt Live-Hörbuch OST von Katrin Herzner. Es handelt sich dabei um den Versuch, die Etappe einer Reise, die die Künstlerin zu Fuß antritt und währenddessen nur über eine Audio-Übertragung erreichbar ist, in Worten zu beschreiben. Sie schafft somit ein Kunstwerk, das zeitgleich erscheint und verschwindet. 2010 startete Katrin Herzner ihre Wanderung entlang des 48. Breitengrades in Freiburg. Bepackt mit Rucksack, Zelt und Kompass machte sie es sich zur Aufgabe soweit wie möglich querfeldein, auf einer imaginären Linie in Richtung Osten zu gehen. Bereits 1200 km hat sie seitdem in fünf Etappen zurückgelegt und am 22. September beginnt der sechste Teil ihrer Tour, an einem Wegweiser unweit des Schtschawnik in den ukrainischen Karpaten.

„Ich stehe auf einem Bergrücken. Neben mir der Wegweiser mit kyrillischen Buchstaben. Die Worte dort passen zu meiner Karte. Ich weiß, wo ich bin. Der Himmel ist leicht bewölkt. Er wird von den Bergen am Horizont beschnitten. Hügel würde ein Österreicher sagen. Da unten zu meinen Füßen, in der Richtung, in die sie gehen werden, liegt ein bewaldetes Tal. Der Talboden ist nicht sichtbar. Die Kerbe ist zu schmal und zu tief, der Wald ist zu dicht. Nördlich die Südhänge, südlich die Nordhänge sehen aus wie halbrunde grüne Kreidetafeln deren Füße man an der Spitze im Tal nicht sehen kann. Sie greifen ineinander wie Krampen eines Reißverschlusses. Je weiter weg sie stehen, desto weniger ordentlich sind sie geputzt. Die Tafeln lenken den Talverlauf abwechselnd hin und her, mit ihren Füßen, die man nicht sieht. Sie stellen der Geraden ein Bein und sie weicht aus – abwechselnd nach Norden und Süden, im Zickzack. Ich trage meinen Rucksack auf den Schultern, meine Wanderstöcke hängen mit ihren Riemen an meinem Handgelenk und warten. Der Kompass zeigt nach einigem Hin und Her nach Osten. Die Linie dorthin schneidet die Füße der Hangrücken ab – sie liegen jeweils auf der anderen Seite der Linie. Weiter hinten driftet das Tal nach Norden ab. Dort bleiben die Südhänge ganz und die Nordhänge werden in der Mitte geteilt. Und dahinter ist eine Bergspitze. Da geh ich jetzt hin. Man kann mir immer zuhören, egal wo ich bin.“ (Katrin Herzner)

Unter der Mobilfunknummer +49/ (0) 30 98 32 09 89 steht den Anrufern kein gewöhnliches Telefonat bevor, denn obwohl die Künstlerin ein Handy bei sich trägt und die Leitung nach zweimaligen Klingeln automatisch zu Stande kommt, hört sie den Anrufer nicht. So kommt es, dass sie mit dem Zuhörer, je nach Situation oder Laune, entweder ihre Eindrücke in Form eines Monologs, eine Begegnung mit Einheimischen oder eventuell auch nur die Geräusche um sich herum teilt. Katrin Herzner gibt den Hörern somit die Möglichkeit, ihre Eindrücke von der Reise zumindest teilweise über das Telefon mit zu verfolgen. Das Projekt baut darauf auf, dass der Anrufer auf das von ihm Gehörte vertraut. Da es keine Dokumentation der Reise in Form von Bildern oder Filmen gibt, muss sich der Hörer ganz auf das Gesagte der Künstlerin verlassen. Es sind nur Momente ihres Abenteuers erfahrbar. Nach Belieben kann der Anrufer durch das Auflegen des Hörers das Telefonat selbstständig beenden. Gibt es Informationen zu aktuellen Besonderheiten, wenn Katrin Herzner sich beispielsweise für kurze Zeit in einem Funkloch befindet, so werden diese per Kurznachricht von ihr direkt auf ihr Facebook-Profil gesendet und dort veröffentlicht. Ein Telefonat mit der Künstlerin während ihrer Wanderung unterscheidet sich deshalb grundlegend von einem normalen Gespräch.

Obwohl die Künstlerin über die bereits genannte Nummer von jedem beliebigen Telefon zu erreichen ist, gibt es zwei extra für sie feste aufgebaute Stationen. Es handelt sich dabei um je ein Telefon im Kunstverein Freiburg und im Kassler Kunstverein. Der Kontakt zu Kassel kam über den Mark Pezinger Verlag zustande, welcher das Live-Hörbuch veröffentlicht und selbst eine Ausstellung in dem dortigen Kunstverein hatte.

Die Finanzierung des Kunstprojektes erfolgt durch den Verkauf der einzelnen Tage in Form eines Kalenderblattes. Dieses ist in einem signierten Booklet, bestehend aus Graupappe, Stempel, Haushaltsgummi und einer Folie, eingefasst und für 35€ zu erwerben. Der Erlös eines Booklets entspricht dem Bedarf an Reisekosten der Künstlerin für einen Tag ihrer Wanderung. Eingeleitet werden die Telefonanrufe bei Katrin Herzner mit der Ansage, wem der Tag gehört, bzw. wem er gewidmet ist.

Katrin Herzner wurde 1979 in Düsseldorf geboren und studierte von 2001-2006 an der AdbK Karlsruhe. Sie schloss 2005 und 2006 ihr Staatsexamen in Kunsterziehung und Geografie erfolgreich ab. Obwohl ihr fester Wohnsitz momentan Freiburg ist, könnte man wohl sagen, dass Katrin Herzner überall zu Hause ist und arbeitet. Ausgestellt hat sie unter anderem 2006 im Kunstraum Alexander Bürkle in Freiburg. 2007 bei Regionale 8 in Hégenheim, sowie 2008 in der Galerie Markus Foth in Freiburg.