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"If you close the door" ist Kerstin Drechsels zweite Einzelausstellung bei SEPTEMBER. In früheren Gemäldeserien wie "Reserve" (2001 – 2003), "Unser Haus" (2005) oder "Mittelerde" (2006 – 2007) fokussierte sich die Berliner Malerin auf private Räume, die als anonymes und gleichsam intimes Portrait ihrer abwesenden Bewohner fungierten. Drechsel interessierten die persönlichen Ordnungssysteme, das Arrangement von Gegenständen, Erinnerungen und Devotionalien, die Übergänge von obsessiver Sammelleidenschaft zu schleichender Verwahrlosung und Messie-Syndrom. Bei diesem „Einbruch in die Privatsphäre“ ging es Drechsel nicht um den denunzierenden Blick auf soziale oder private Verhältnisse, sondern um die Frage, wie persönliche Erfahrungen und gesellschaftliche Akzeptanz diesen Blick konstituieren – auch in der Produktion und Rezeption von Malerei.

Wie in diesen früheren Serien verbindet sich das Sujet von "If you close the door" mit der durchaus ambivalenten Aufforderung zum voyeuristischen Schauen. Basierend auf mehreren Foto-Sessions mit befreundeten Frauen, führen Drechsels jüngste Arbeiten in die lesbische Clubkultur und thematisieren den Darkroom als halböffentlichen Ort erotischer und intimer Begegnungen. Weniger als auf dem Ort selbst liegt hierbei das Augenmerk auf den Körpern, die sich in ihm bewegen. Während der rudimentär ausgestattete, halbdunkle Raum einen unbestimmten Rahmen bildet, zeigen Drechsels Gemälde ein Frauenpaar und Details der Architektur in immer wieder neuen Konstellationen, Ausschnitten, Lichtverhältnissen und Perspektiven. Der reduzierten, sexuell bestimmten Funktionalität des Ambientes steht die Vielschichtigkeit von existenziellen Gefühlen, Ängsten und Sehnsüchten gegenüber, die sich mit ihm verbinden: die Möglichkeit von Nähe, körperlicher Erfüllung und Liebe, aber auch von Einsamkeit und emotionalen Verletzungen. Im Wechselspiel zwischen Authentizität und Inszenierung greift Drechsels Malerei weibliche, pornographische Stereotypen auf und unterminiert sie zugleich, indem sie ihnen die Eindeutigkeit nimmt. Ebenso wie die fotografischen Vorlagen ihrer Gemälde weder gänzlich gestellt noch dokumentarisch sind, verändert auch die Malerei, abhängig von den abgebildeten Stimmungen und Beziehungen, ihren Duktus, oszilliert zwischen harten Flächen und Linien, Farbverläufen und gestischen Passagen. Als Malerei-Installation überträgt "If you close the door" die Mechanismen des Darkrooms in den Ausstellungsraum. Der klassische White-Cube wird zum Kontakthof – zum "Bright Room" in dessen Zentrum ein Hybrid aus Museumsmöbel und Spielwiese steht. Der Besucher kann die Gemälde gemeinsam mit anderen liegend betrachten, oder sich in einer abgeschirmten Gang-Konstruktion aus Stellwänden bewegen, wo er unbeobachtet Kontakt zur Kunst aufnehmen kann.