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Kippenberger / Krebber

14.05.2020 - 05.09.2020

Und dann, 1986, kam Michael Krebber und bot seine Dienste an. (…)
Bei Kippenberger gäbe es kein Gegenteil, weil er selber immer schon das Gegenteil sei, hat Jutta Koether in Martins Katalog ‚Heimweh Highway‘ geschrieben. In Krebber hatte er nun sein leibhaftiges Gegenteil, sein Spiegelbild gefunden: einen, der ihm in vielem ähnlich war, nur meistens genau seitenverkehrt.(…) Wie Martin war Krebber ein konzeptionell arbeitender Künstler, aber während dieser die Inflation zur künstlerischen Methode gemacht hatte, entschied jener sich für die Verweigerung. Eröffnete Martin eine Ausstellung nach der anderen, machte Krebber eine Zeit lang gar keine, lehnte auch alle Einladungen ab. Konnte Martin jeden Tag ein Bild malen, begnügte Krebber sich schon mal mit einem pro Jahr. Oder malte gar keins.
– Susanne Kippenberger*

Im Herbst 1986 zeigten wir in der Münchner Stuck Villa eine Einzelausstellung mit Martin Kippenberger: die ‚No Problem Bilder‘. Kurz danach wurde Michael Krebber sein Assistent in Köln. Es dauerte nicht lange und Kippenberger suchte für ihn eine Ausstellung. Natürlich waren wir als junge Galeristen nicht schwer zu überzeugen. Vor unserer Show gab es noch eine Ausstellung in der Galerie Bleich-Rossi in Graz. Hier operierte Krebber mit zusammengenähten Kinderhosen und einem in der Reinigung eingegangenen Kleid. Notizen an Rahmenleisten und Zeichnungen vervollständigten das Ensemble.

Bei Krebber wusste man nie, was auf einen zukam. Für die Galerie Christoph Dürr orderte er 30 Din A4 große Rahmen die er mit Zeichnungen bestücken wollte.
Am Montag in der Früh gegen 8:00 Uhr holte ich Michael Krebber am Münchner Hauptbahnhof vom Nachtzug aus Köln ab. Man sah, dass der Künstler einige Drinks im Zug zu sich genommen hatte. Wir fuhren zu mir, um zu frühstücken.

Bei mir angekommen zeigte mir Krebber sofort die Ausstellung: Eine schwarz-weiße Postkarte, auf der Stan Laurel und Oliver Hardy inmitten eines von ihnen im Kampf zerstörten Klaviers saßen. In der Mitte ein Porträt von Georges Simenon, dem legendären belgischen Autor von ‚Kommissar Maigret‘ im weißen Dinner Jacket mit schwarzer Fliege – der perfekte Dandy. Und zuletzt ein Text aus dem eben gerade erschienenen Katalog von Marcel Broodthaers. Es handelte sich um ein Interview, in dem der Künstler manifestiert, er habe alles gesehen, wisse nicht mehr was er malen sollte, und deshalb ging er jetzt zum Pferderennen.

Auf meinen Einwurf, was wir denn jetzt mit den 30 Rahmen machen sollten, erwiderte Krebber: „ja zunächst wollte ich diese leer in die Galerie hängen, aber das wäre zu seriell und deshalb lassen wir sie weg.“ Auch die dreiteilige Arbeit käme nicht in den Ausstellungsraum, sondern in das kleine Büro.

So hatten wir drei zusammen 160 m² große leere Galerieräume mit drei kleinen gerahmten Arbeiten im Büro. Trotz heftiger Kritik und Unverständnis von einigen Seiten, war die Eröffnung ein riesen Erfolg.
– Christian Nagel

*Susanne Kippenberer: ‚AUCH EINE LIASON DANGEREUSE: MK1 UND MK2‘, in Susanne Kippenberger: ‚Kippenberger. Der Künstler und seine Familie‘, Berlin, 2007