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In den Bildern von Kehrwald verwest, versengt, verbrennt die Welt. Triptychonhaft erscheint vor uns der brennende Leuchter als heiliges Motiv: Im Schein des Feuers der abbrennenden Lichter erglänzt die Welt, leuchtet die Farbe. Fragmente von Samtteppichen sind zuweilen spolienhaft in die Bilder gefügt, als gelte es Kostbarkeiten zu bewahren. So wie die Augäpfel an den brennenden Türmen der Kathedrale hochgreifen – als wäre Wahrnehmung selbst eine Flamme -, so wird das Gehirn zum bergenden Schatzhaus: Das in sich verschlungene Gehirn, das ein zentrales Motiv in Kehrwalds Malerei darstellt, ist nicht nur Speicher einer vergehenden Welt. Es ist auch Sinnbild für autonomes Dasein. Dieser Doppelaspekt von Glanz und Vergehen wird zu einem Akt der reinen Malerei. Die Bilder von Kehrwald weisen in ihrer zugleich dunklen wie auch leuchtend-warmen Tonigkeit Oberflächenstrukturen auf, die bei einer bestimmten Position des Betrachters aufscheinen und dann wieder verlöschen. Der wahrgenommene Gegenstand prägt sich ein in der „Kammer“ des Gehirns und verlöscht zugleich als Außenbild. So wie innen nach außen tritt, geht Äußeres nach innen. Diese innere Bewegung der Malerei zeichnet die Bilder von Klaus Kehrwald aus.

Klaus Kehrwald malte Interieurs, Gebäude, Blumenstillleben, Landschaften, Porträts. Er bediente sich dieser historischen Malereigattungen, weil ihn die Frage nach dem Fortbestehen, der Wertigkeit und der Identität unserer jeweiligen geschichtlichen Herkunft interessierte.

Was für jeden seine generationsspezifische und persönliche Färbung haben mag, in Kehrwalds Bildern steht diese Problematik in einem übergeordneten Zusammenhang: wie können wir Bestandstücke deutscher Vergangenheit in unsere Gegenwart aufnehmen, ohne dass sie als bloße Relikte erscheinen, wie können wir unsere Zweifel am Wert der Kultur dieser Elterngeneration artikulieren ohne in eine neutralisierende Distanz einzutauchen?

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Indem Kehrwald den Malgrund mit der gemalten Form verwob oder eine Binnenform in einen leeren, bauchigen Raum ausgreifen ließ, verschob er das Verhältnis von Bildraum und Betrachterraum. Die gemalte Form wird in ihrer malerischen Beschaffenheit nie auf eine Weise dinglich so konkret, dass sie uns etwas erzählt. Sie ist instabil, ohne Zentrum, ohne Licht auf Zukunft. Sie atmet die Verdrängungen, die hinter ihr stehen. Wenn es überhaupt etwas gibt, womit sich der Betrachter im Bild identifizieren kann, dann ist es nicht das gegenständliche Gegenüber der Form, sondern die Weise der Auflösung der Form im malerischen Vortrag. Die Weichheit des Anschwellens und Abschwellens, das Fluktuierende der Farbe macht im Sehen als letzte Instanz die eigene Fleischlichkeit bewusst. Die Bildwelt wird zur taktilen Berührungsfläche und damit zum Erfahrungsraum von Einsamkeit. (Rolf Hengesbach)