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In der ersten großen institutionellen Einzelausstellung des belgischen Künstlers Kris Martin (*1972) werden Arbeiten gezeigt, die - obgleich sie aus unterschiedlichen Medien und Materialien bestehen - beständig die Thematik der Kognition umkreisen. Da der Künstler meistens vom Gedanken und nicht vom Material ausgehend seinen Schaffensprozess startet, ist das jeweilige Material für ihn nur ein Werkzeug, mittels dessen er der Idee Form gibt. So kann sich das Spektrum der Materialität von Gold über Holz bis hin zu einem alten Banksafe oder einer Schwarzweißfotografie erstrecken. Den farblichen Bogen der Ausstellung spannt der Künstler von minimalen Grau-, Weiß-, Schwarz-Konstellationen hin zu Gold, wobei Gold als kostbares Material in eine ganz bewusste Konfrontation zur Form des Objektes gestellt wird.

So explodiert beispielsweise in der Arbeit "100 years" die goldene, mit einem Zeitmechanismus versehende, Bombe in 100 Jahren und zerstört damit sich selbst, d.h. das Kunstobjekt. Gleichzeitig verweist dieses Explodieren auf übertragener Ebene aber auch auf die Explosionskraft künstlerischer Ideen, die oftmals in der Lage sind, alte Denk- und Wahrnehmungsmodelle aufzusprengen. Ein goldener Trichter verbindet Idiotie und Macht. Der umgekehrt auf dem Kopf eines Menschen getragene Trichter, der in niederländischer Malerei das ikonische Zeichen für Idiotie ist, wird durch das Material Gold, das für gewöhnlich das Material einer ebenfalls auf dem Kopf getragenen Krone ist, zu einem visuellen Reflexionsinstrument, das über die komplexen Strukturen von Macht und - damit verbunden - über die hauchzarte Grenzlinie der Idiotie von Macht nachdenkt.

Indem der Künstler einerseits bestehende Bedeutung zerstört, schafft er andererseits aus der Zerstörung neue Signifikate. So schreibt er beispielsweise den kompletten Text von "Die Verwandlung" von Franz Kafka auf ein einzelnes Blatt Papier, wodurch die Lesbarkeit der Wörter unmöglich wird, da eine Art schwarzer Tintenteppich entsteht, aber die Verwandlung durch die Transformation in ein visuelles Objekt auf einer anderen Ebene vorgenommen wird.

In der Komplexität und Intensität der Arbeiten von Kris Martin liegt für den Betrachter die ungeheure Faszination, die er erfährt, wenn er sich darauf einlässt und in die Welt der durch das Kunstwerk angebotenen Denkstrukturen eintaucht. Dass dies mitunter einer gezielten Vermittlung bedarf, sind wir uns bewusst!

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Kris Martin
Kuratorin: Stefanie Kreuzer