press release only in german

In ihrer Reinterpretation eines „Kunstsalons“ des ausgehenden 19. Jahrhunderts zeigt Kristina Leko Bilder und Möbel aus privaten Kunstsammlungen zusammen mit Werken, die von Arbeitslosen in einem von ihr durchgeführten Malkurs angefertigt wurden. Ein grundlegender Aspekt der Arbeiten der kroatischen Multimedia- und Konzeptkünstlerin ist die gemeinsame Nutzung kultureller Ressourcen und die Ermöglichung von Interaktionen zwischen verschiedenen sozialen Gruppen.

Für die Partizipation an ihrem für die Secession konzipierten „Sozialexperiment mit ethischen und ästhetischen Folgen“ (Leko) wurden einzelne Personen eingeladen: Mitglieder der Freunde der Secession und TeilnehmerInnen der Österreichischen Volkshilfe Beschäftigungsinitiative (VHBI). In Zusammenarbeit mit der Volkshilfe Beschäftigungsinitiative bot Kristina Leko in Wien im März 2006 einen zweiwöchigen Workshop zum Thema Porträtzeichnen an. Ihr Ziel als Kursleiterin war, jede Person bei der Produktion eines Kunstwerks zu unterstützen. Leko schließt mit dieser Aktion an ein Projekt an, das sie unter dem Titel Jede/r Mensch ist entweder eine Künstlerin oder ein Künstler, Beweis Nr. 3, 2005 in Halle durchführte. Sie leitete auch dort Workshops, in denen großformatige Porträts entstanden.

Leko bezieht sich einerseits auf Forderungen nach der breiten Teilhabe an kulturellen Prozessen, wie sie bereits Joseph Beuys seit den 60er Jahren gestellt hat und geht andererseits der Frage nach, was die gesellschaftliche Rolle von Kunst sein kann. Sie versteht Kunst als Möglichkeit des Engagements, als Instrument, mit dessen Hilfe marginalisierte Gruppen ihre Situation sichtbar machen können.

Was soll ich tun? Das Plakatmotiv zur Ausstellung stellt die von Kristina Leko entwickelten Zwölf Grundregeln einer Ethik für Künstler/innen dar, in denen sie unter anderem eine kulturelle Demokratie und ein unbegrenztes Gebrauchsrecht für öffentliche Veranstaltungsorte fordert. Leko thematisiert darüber hinaus die gesellschaftlichen Potenziale der Kunst, die in der Lage ist, einen „Wandel in den Beziehungen und Wahrnehmungen zu erzeugen“. Lekos Aufmerksamkeit gilt dabei mindestens ebenso sehr dem Prozess wie dem Produkt: Es ist die Qualität der Erfahrungen der involvierten Personen, das Zusammenspiel der TeilnehmerInnen, das Aufeinandertreffen von verschiedenen Auffassungen und Wertungen, die zur Kanonisierung von Kunstwerken führen und die Leko in Beweis Nr. 4 untersucht.

Im Grafischen Kabinett lässt Leko den Gedanken der Salons wieder aufleben, in denen bereits Ende des 19. Jahrhunderts unterschiedliche Individuen aufeinander trafen. In Zusammenarbeit mit Mitgliedern aus dem Kreis der Freunde der Secession fand eine Auseinandersetzung mit den jeweils ausgewählten Möbelstücken und Kunstobjekten der LeihgeberInnen statt. Daran anknüpfend sind jetzt auch die BesucherInnen der Ausstellung eingeladen, die Installation zu erkunden, welche Laienkunst mit Kunstwerken in der Secession vereint. Hier gilt es, herauszufinden, ob Beweis Nr. 4 stand hält, also ob nun wirklich jede/r Mensch ein/e Künstler/in ist?

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten der Künstlerin und einem Text von Barbara Steiner.

KRISTINA LEKO, geb. 1966, lebt und arbeitet in Zagreb und Köln. AUSSTELLUNGEN / PROJEKTE (Auswahl): 2005 Amerika, Museum of Contemporary Art, Zagreb; Piac Project, Ernst Museum Budapest; Shrinking Cities, Galerie für zeitgenössische Kunst, Leipzig; Politics of Care, Cuny Graduate Center’s Art Gallery, New York; Machtfaktor Wirtschat, Fotogalerie, Wien; 2004 Constitutional Overhaul Bureau, Projekt im öffentlichen Raum, Weimar; New Video. New Europe, The Renaissance Society, Chicago; Contemporary Art Museum, St. Louis; Cosmopolis Biennial of Contemporary Art, Thesaloniki; Trading Places, Pumphouse Gallery, London; Noch einen Wunsch, Galerie für zeitgenössische Kunst, Leipzig; 2003 On Milk and People, ICA, Dunaujvaros; Breaking Away, P.S.1. - MoMA, New York; Balkan Visions, Galleria Museo Arge Kunst, Bozen; Austrian Triennial on Photography, Graz; 2002 Misfits, Künstlerhaus Bethanien, Berlin; In Search of Balkania, Neue Galerie Graz; Here Tomorrow, Museum of Contemporary Art, Zagreb; 2001 Gekauft in Graz, Rotor, Graz; What, How and for Whom?, Kunsthalle Exnergasse, Wien; 2000 Mes Objects Trouvés, Josip Racic Studio of the Museum of Modern Art, Zagreb; 1998 Blind Date, Skuc Gallery, Ljubljana.

Pressetext

only in german

Kristina Leko
BEWEIS NR. 4: JEDE/R MENSCH IST EIN/E KÜNSTLER/IN
Grafisches Kabinett