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In Kooperation mit dem steirischen herbst

Ein Projekt wie KUNST HEIMAT KUNST kann keinen eigentlichen Abschluss finden. Angetreten mit dem Ziel, eine neue Denkgeographie zu entwickeln sowie eine virtuelle und interkulturelle Ausstellungsserie einzuleiten, waren die Orte der Veranstaltungen ebenso real wie das Geschehen an ihnen modellhaft. Im Künstlerhaus (als Wohnung eingerichtet) wird nun 1994 Bilanz gezogen, die sowohl das Ende einer dreijährigen Projektphase als auch den Anfang eine Umwertung von Werten markiert.

Im Mai 1992 haben Marcel Biefer & Beat Zgraggen im schweizerischen Baden mit der "Vertikalen Evakuierung" - ein Festplatzzelt umfriedete ausgehobene Erdlöcher, die auf den eidgenössischen Zivilschutzgedanken verweisen - die erst Station eines wachsenden Netzwerks bespielt. Im Juli dieses Jahres kuppeln Sue Williamson und Willie Bester einen Kunst-Waggon an einen Zug der südafrikanischen Eisenbahnen und gehen damit auf eine lange Reise. Ihre Aktion weist im Gegensatz zu unserem europäischen Erfahrungsraum eine vollkommen andere kontextuelle Bedeutung auf. Diese Bedeutungsebene reagiert auf die spezifische gesellschaftliche und kulturelle Situation: der a priori dialogische Habitus von Kunst artikuliert bestimmte Sprachmuster, die eine Brücke aus der Isolation zu schlagen versuchen.

Anhand der beiden Beispiele spannt sich der Raster des Projekts auf. Entgegen der Praxis von Großprojekten waren die einzelnen Handlungen nicht an einem einzigen Zentrum, sondern in "Randgebieten" angesiedelt, wobei diese Positionierung eine Frage des Blickwinkels ist. Jedenfalls handelte es sich um eine großzügige, wenngleich auch exemplarische Verteilung der Orte auf die Kontinente Europa, Asien und Afrika. Graz ist in dieser Geographie der Energieträger und der Punkt der Bündelung eines interkulturellen Netzwerks. Das Veranstaltungsgeschehen selbst war an die Möglichkeiten, Bedingungen und Mechanismen der jeweiligen Orte gekoppelt und wird im "steirischen herbst" nach Graz eingespiegelt. Diese Spiegelung erfolgt im Bewusstsein eines, auf den konkreten Schauplatz bezogen, Verlustes von Energie, die sich durch die Bündelung unterschiedlichster Projekte an einem Ort - in Form von dokumentarischer Übersetzungsarbeit - aber in anderer Weise auflädt. Neben Produktion stehen auch die Reproduktion, neben Kommunikation die Rezeption als kunstsystemimmanente Faktoren auf dem Prüfstand. Gerade dieses Systeme aber sollen in allen Richtungen aufgebrochen werden. Im Ausschalten ganz bestimmter Fixierungen, in der Öffnung ästhetischer Kategorien, die aus ihren ausschließlich dogmatischen Anwendungsbereichen herausgelöst und in erweiterte Zusammenhänge gestellt werden - etwa in solche allgemein kultureller und gesellschaftlicher Bedingungen - kann sich nicht nur der Umbruch im weltweiten Ausstellungsbetrieb, sondern auch in einem interkulturellen Beziehungsgefüge manifestieren.

HEIMAT ist ein deutsches Wort, es macht aber auch Sinn, möglicherweise einen veränderten, in anderen Sprachen. Es ist gerade heute notwendig, nach HEIMAT zu fragen. Die Antworten können und sollen nicht vorprogrammiert sein. Wenn die KUNST einerseits ihrer hermetischen Attitüde, andererseits ihres Stadtverschönerungsalibis entkleidet wird, ist sie vielleicht als eine der wenigen menschlichen Disziplinen instrumentell bestens ausgerüstet, Fragen nach HEIMAT zu stellen: Auf dem festen Boden einer Globalkultur stehend, im Wissen um die weltweiten Vernetzungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten.

Mit Beiträgen von: Eva Afuhs, Willi Bester, Biefer & Zgraggen, Kurt Buchwald, Frank Castelyns, Andrej Chlobystin, Horákova & Maurer, IRWIN, Raimund Kummer, Ange Leccia, Andrew Putter, Mio Shirai, Matta Wagnest, Sue Williamson, Vadim Zakharov.

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KUNST HEIMAT KUNST
Eine virtuelle und interkulturelle Ausstellung
Kurator: Werner Fenz

Künstler: Eva Afuhs, Willi Bester, Biefer & Zgraggen, Kurt Buchwald, Frank Castelyns, Andrej Chlobystin, Horakova & Maurer, Irwin , Raimund Kummer, Ange Leccia, Andrew Putter, Mio Shirai, Matta Wagnest, Sue Williamson, Vadim Zakharov