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Wenn im deutschsprachigen Raum von Last Minute die Rede ist, dann meist im Zusammenhang mit einem Reiseverhalten, dem die Destination weniger wichtig geworden ist als die Hoffnung, möglichst schnell irgendwo und vor allem irgendwo anders sein zu können. Für eine Last-Minute-Perspektive ist die Destination unbestimmt. Unklar bleibt das Bild der Zukunft, wohin die Reise gehen soll; klar erscheint allein die Vorstellung einer Gegenwart, die darauf drängt, verlassen zu werden. Last Minute steht in diesem Sinne für eine Ökonomie der Flucht – einer Flucht vor der Flucht. Wichtig an der Last-Minute-Destination ist allein, dass sie eine Distanz markiert zum Hier und Jetzt. Wo sie liegt, ist eine Frage des Augenblicks vor dem Schalter. Der Grund für die Entscheidung, wohin die Flucht gehen könnte, ist manchmal nur ein Foto vom Strand, ein andermal der günstige Preis oder die Wetterprognose für die Destination. Im Sinne der günstigen Angebote könnte man auch von einer Ökonomie der Abwesenheit reden. Diese Ökonomie der Abwesenheit basiert auf einer Vorstellung von Anwesenheit, die tendenziell für unerträglich empfunden wird.

Die Last-Minute-Reise, die Flucht von der Gegenwart ist auch mit einer Unbestimmtheit der zeitlichen sowie der physikalischen Grenze verbunden. Wo endet die letzte Minute und wo beginnt die tatsächliche Abwesenheit? Wann der Strich gezogen wird und die letzte Minute beginnt, bleibt optional und dem Subjekt vorbehalten. Wenn es sein soll, fahren wir gleich jetzt zum Flughafen; wenn nicht gleich, dann vielleicht morgen, oder nächste Woche, vielleicht aber auch nie. So unbestimmt die Destination erscheint, so unbestimmt bleibt der Antritt zur Abwesenheit. Diese unbestimmte Grenze zwischen hier und dort wirft selbst auf die Grenze ein neues Licht. Die Grenze wird variabel. Unbestimmbar bleiben nicht nur ihr zeitliches Erscheinen, sondern auch ihre räumlichen Koordinaten.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Flucht und der Dringlichkeit „weg zu sein“ als einem Phänomen unseres gegenwärtigen kulturellen Alltags. Das Büro für kognitiven Urbanismus hat Sabine Bitter, Helmut Weber und Kamen Stoyanov eingeladen, ihre künstlerische Beiträge zum Thema „Last Minute“ und Grenzüberschreiten in der GfZK zu präsentieren. Die Ausstellung wird auch von einer Publikation begleitet.

Büro für kognitiven Urbanismus : Andreas Spiegl Christian Teckert (in Zusammenarbeit mit Karoline Streeruwitz)

Andreas Spiegl, Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien, unterrichtet seit 1990 (Medientheorie) als Vertragslehrer an der Akademie der bildenden Künste Wien, an der er seit 2004 als Vizerektor für Forschung und Lehre tätig ist. Zahlreiche Veröffentlichungen in Publikationen zur Kunst-, Architektur- und Raumtheorien. Gründungsmitglied des Büros für kognitiven Urbanismus seit 1999.

Christian Teckert, Studium der Architektur an der Akademie der bildenden Künste, seit 1992 Projekte an der Schnittstelle von Architektur, Urbanismus, Theorie und Kunst; ist seit 2001 Partner von AS-IF architekten (Paul Grundei, Stephanie Kaindl, Christian Teckert) in Wien und Berlin. Gründungsmitglied des Büros für kognitiven Urbanismus seit 1999.

Last Minute ist Teil des Projektes dagegendabei und wird von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben.

Unter dem gemeinsamen Titel dagegendabei kooperieren fünf Institutionen: Die Faculty of Art and Design, J. E. Purkyne University, Usti nad Labem, das Forum Stadtpark in Graz, das Van Abbe Museum in Eindhoven, die Skuc Galerie in Ljubljana, das Institut for Contemporary Art in Dunayvaros und die Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig.

Pressetext

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Last Minute
Büro für kognitiven Urbanismus (Andreas Spiegl, Christian Teckert in Zusammenarbeit mit Karoline Streeruwitz)
kuratiert von Ilina Koralova