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Die in Ohio geborene und in Los Angeles lebende Künstlerin Laura Owens (*1970) ist eine der wichtigsten Malerinnen ihrer Generation. Die Ausstellungshalle zeitgenössische Kunst Münster zeigt im Januar 2007 eine umfangreiche Übersichtsausstellung von Laura Owens. Die groß angelegte Wanderausstellung wurde von der Kunsthalle Zürich konzipiert und koordiniert und erstmals im Sommer 2006 in der Schweiz gezeigt. Ein umfassender Werkkatalog mit Texten und Interviews sowie die Präsentation von Leinwandstudien erlaubt Einblicke in das Schaffen der außergewöhnlichen Künstlerin und revidiert „romantische“ Lesarten ihres Werkes. Derzeit wird die Ausstellung im Camden art center in London präsentiert. Am 19. Januar 2007 ist in Münster die Eröffnung. Letzte Station ist das Bonnefantenmuseum in Maastricht. Die Ausstellungsreihe stellt zum ersten Mal in vier europäischen Institutionen das malerische Schaffen der Künstlerin mit Arbeiten aus der Zeit von 1994 bis 2006 vor. Zum ersten Mal überhaupt hat sich die Künstlerin bereit erklärt, dem Publikum Einblick in die für ihre Werke zentralen Studien auf Leinwand zu geben, die sie für jedes ihrer Gemälde in variierenden Formaten und zum Teil zahlreichen Ausführungen anfertigt. Etwa 40 dieser Studien sowie ca. 20 teilweise großformatigen Gemälden werden ab Januar in der Ausstellungshalle zeitgenössische Kunst Münster präsentiert.

Alles ist erlaubt Laura Owens gehört zu einer Generation von Künstlerinnen, die - wie ihre Vorgänger des Modernismus - nach einer vollkommen „puren Malerei“ sucht. Einer Malerei, die ihren eigenen Regeln und immanenten Möglichkeiten folgt. Es geht Laura Owens dabei ausschließlich ums Bildermachen, um gänzlich neue Seherlebnisse auf einer zweidimensionalen Fläche zu schaffen. Bei Owens und ihrer Generation jedoch - anders als bei ihren Vorgängern - sind alle Mittel recht, um ein gutes Bild zu malen. Ihre Kunst ist pure Abstraktion: „What you see is, what you see“, wie Frank Stella vor etwa 40 Jahren formuliert hat, trifft auf ihr Œuvre zu. Die akademische Strenge einer Abstraktion, wie Stella sie betrieben hat, kümmert Owens allerdings wenig. Alles ist erlaubt, solange das Bild eine anregende visuelle Lebendigkeit und Authentizität hervorbringt.

Eine interessante Orientierungslosigkeit Owens malerisches Œuvre führt den Betrachter durch ein Abenteuer der Wahrnehmung, welches näher betrachtet überrascht, irritiert, erstaunt und in hohem Maße ästhetisch befriedigt. Alle möglichen Formen und Stilrichtungen, historische Epochen, Techniken der großen Abstraktion und Repräsentation finden Einzug in ihren stets visuell anregenden Bilderkosmos. Ihre Kunst ist eine „Tour de Force“ durch die Schatzkammern der Visualität, stets auf der Suche nach neuen Kombinationen. Die Reise endet in einer nie vorher gesehenen, bezaubernden und fesselnden Bilderwelt. Der Katalog gibt erstmals einen sehr persönlichen Einblick in den Schaffensprozess der Künstlerin: „… in den narrativen Bildern sehen sich oft zwei Tiere oder zwei Menschen an, und in meiner Vorstellung entspricht das einer Spiegelung. Man wandert durch das Bild wie zum Beispiel bei dem Affen-Diptychon, aber dabei bewegt man sich hin und her und verbindet die beiden Tiere, die sich gegenseitig ansehen. Diese Art von Spiegelung spielt sich überall im Bild ab. Und nicht bloß an der Oberfläche, sondern auch in der Tiefe. (…) Es entsteht eine interessante Orientierungslosigkeit, wenn man feststellt, dass das Bild solche Vektoren hat und dass sie nicht unbedingt etwas mit der im Bild dargestellten Welt zu tun haben müssen.“, erklärt Laura Owens eines ihrer 2003 entstandenen Bilder (Untitled, Abb. 130) im Gespräch mit Scott Rothkopf (S. 194ff.).

Figuration = Abstraktion In den Bildern von Laura Owens verweben sich Figuration und Abstraktion. Puristische Farbflächen à la Frank Stella finden sich neben expressiv gestischen Pinselstrichen, die im nächsten Moment eine erkennbare Gegenständlichkeit hervorzaubern und diese im nächsten Moment wieder zum Verschwinden bringen können. Alle möglichen Motive mischt Owens zusammen: volkstümlich-naive Muster, dekorative Ornamente, Sujets aus der Kunstgeschichte wie Stillleben, Landschaften, Menschen, Tiere und Blumen. Virtuoses technisches Können steht neben naiv dahin gepinselten Farbstrichen, Farb- und Formkonstellation, die sich ansonsten abstoßen, glänzende Oberflächen neben haptisch klebrig wirkenden Pigmenten scheut Owens’ nicht, um sie in diversen Mischungen zu kombinieren. Fast beängstigender Leere kann eine hysterische Detailliertheit folgen. Pure Malerei wird durch ein klassisches Collageverfahren gestört. Ein perspektivischer Illusionismus wird durch einen abstrakten Farbteppich nivelliert. Owens zeichnet, klebt, malt, reibt, presst, tropft, kratzt, schmiert auf ihrer Bildfläche mit Aquarell, Tinte, Acryl, Filzstift, Kreide, Bleistift, Öl, Kugelschreiber und so weiter.

Erhabenheit und Zuckerguss Es gibt Erhabenheit neben Zuckerguss und trotz dieser farbigen und formellen Dissonanz sind es stets Bilder von einer erstaunlich atemberaubenden Stimmigkeit. Eine Gleichwertigkeit von Ungleichheiten hält jedes Bild von Laura Owens in einer visuellen Balance. Ihre Gemälde erzählen keine verständlichen Geschichten, verfolgen keine ästhetischen Theorien. Sie sind sozusagen ohne definierbaren Inhalt und gleichzeitig atemberaubende, manchmal halsbrecherisch mutige und immer spannende Zeugnisse von Freiheit und Egalität. Jedes Motiv - egal wie „high or low“ - wird als Teil eines bildnerischen Musters betrachtet, das der zweidimensionalen Fläche eine dynamische, dekorative Qualität verleiht.

Vom demokratischen Umgang mit der Vielfalt Den Ausdruck eines demokratischen Umgangs mit der unendlichen Vielfalt von Farben und Formen hat Kristy Bell in der Publikation „The Mystery of Painting“ beschrieben und mit dem großen amerikanischen Dichter Ralph Waldo Emerson in Verbindung gebracht. Kristy Bell schrieb: „Owens (…) Gemälde insistieren auf der Koexistenz von Abstraktem und Agenständlichem, doch sie übertragen beide Prinzipien in ein imaginäres (Wunderland …), das aus Fotografien, Illustrationen, anderen Bildern oder Textilien zusammengestückt ist und in dem Affen zu Hauptdarstellern sowie Fledermäuse, Insekten und andere nicht näher definierbaren Geschöpfe zu Nebendarstellern werden können. Damit spiegelt sich in ihrem Werk Emersons demokratischer Umgang mit der Natur, den dieser in seinem Essay „Art“ folgendermaßen zum Ausdruck gebracht hat: „Das Eichhörnchen, das von Baum zu Baum hüpft und den ganzen Wald zu einem großen Baum macht, der nur zu seinem Vergnügen da ist, erfüllt das Auge nicht weniger als ein Löwe. - Er ist schön, selbstgenügend und tritt zu seiner Zeit und an seinem Ort für die Natur auf. Aus dieser Aufeinanderfolge von ausgezeichneten Gegenständen lernen wir ausschließlich die Unermesslichkeit der Welt kennen, den Reichtum des menschlichen Wesens, das sich in jede Richtung in die Unendlichkeit erstrecken kann“. (Ralph Waldo Emerson, in: Art 18).

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Laura Owens
kuratiert von Beatrix Ruf

Stationen:
12.06.06 - 13.08.06 Kunsthalle Zürich
29.09.06 - 26.11.06 Camden Arts Centre, London
20.01.07 - 22.04.07 Ausstellungshalle zeitgenössische Kunst Münster
29.05.07 - 19.08.07 Bonnefantenmuseum, Maastricht