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Mit „System Wien“ provoziert der New Yorker Architekt und Architekturkritiker Lebbeus Woods spektakuläre Denkmuster für eine Neuorientierung der Stadt Wien. Sein visionärer Entwurf, den er gemeinsam mit Christoph a. Kumpusch speziell für das MAK entwickelt hat, konzentriert sich auf den historischen Kern. Die spezifische Architektur Wiens begreift Woods als eine wesentliche Komponente des komplexen Energiesystems der Stadt. Mit konkreten architektonischen Eingriffen will er neue Akzente im gesamten urbanen Energiefluss setzen.

Lebbeus Woods, Gründer des nicht gewinnorientierten Research Institute for Experimental Architecture (RIEA), gilt als einer der bedeutendsten Architekten der Gegenwart. Er beschäftigt sich intensiv mit Architekturtheorie und experimenteller Architektur. Weit entfernt von konkreten, zweckgebundenen Bauvorhaben verfolgt Lebbeus Woods ein interdisziplinäres Denkmodell, das Wissenschaft, Philosophie und Kunst mit einbezieht und Generationen von Architekten beeinflusst hat. Seine Entwürfe, die auch von Science-Fiction-Ikonen inspiriert sind, lesen sich wie fantastische Zeichnungen.

Seine Projekte siedelt Lebbeus Woods bevorzugt an Orten an, an denen die Widersprüche der Realität krisenhaft und gewalttätig aufbrechen: Erdbebenzonen, Kriegsgebieten oder Regionen, die von ökonomischen oder politischen Krisen betroffen sind.

Die Krise Wiens besteht laut Lebbeus Woods darin, dass es keine Krise gibt. Am architektonischen Stillstand der Inneren Stadt werde diese Trägheit deutlich: „Es ist ein städtischer Bezirk, der sich entschieden nicht ändern will; aber er wird sich ändern müssen. Je länger er sich dem Wandel widersetzt, desto einschneidender und radikaler wird dieser Wandel sein, wenn er kommt.“

Anhand von abstrakten Zeichnungen, die als Raster über den Stadtplan gelegt werden, entwirft Lebbeus Woods Zukunftsszenarien für die Stadtentwicklung. Ausgehend von einem systemtheoretischen Ansatz, der Architektur als Organisationsform von Energie begreift, versucht er existierende Energieflüsse der Stadt auszuloten und dort gezielt neue Energie zuzuführen, wo das größte Veränderungspotenzial besteht.

Als visuelles Ausdrucksmittel verwendet Lebbeus Woods Vektoren. Mit diesen mathematischen Symbolen versucht er nicht nur die mechanischen, sondern auch die kognitiven und affektiven Energien des Systems Wien zu erfassen. Vor allem aber haben Vektoren in den Augen von Lebbeus Woods einen entscheidenden Vorteil: „Vektoren drücken Energie nicht nur aus, sie verkörpern Energie.“

Die MAK-Galerie, wo die Entwürfe ausgestellt werden, nützt er auch als Depot für so genannte „Energy Rods“ – lange, mehrgliedrige, modulierbare Aluminiumstäbe. Spontan und unangekündigt nehmen Performer mit den „Energy Rods“ an unterschiedlichen Punkten der Innenstadt temporäre Architekturinterventionen vor.

Mit „System Wien“ knüpft Lebbeus Woods an das experimentelle Projekt „Siteline Vienna“ an, mit dem er Wien im Jahr 1998 unter Spannung setzen wollte. Entlang einer Linie zwischen dem MAK und dem Parlament, die über die Blutgasse, den Stock-im-Eisen-Platz, den Michaelerplatz und die Präsidentschaftskanzlei führen sollte, wollte Woods den Ort der Kultur mit dem Zentrum politischer Macht kurzschließen. Soziokulturelle Unterschiede der auf der Luftlinie liegenden Orte sollten transparent werden. Das für die Wiener Festwochen geplante Projekt wurde am Ende abgesagt. Die sechs Modelle, die bereits ausgeführt waren, ergänzen als wichtiger Beitrag die Sammlung visionärer architektonischer Projekte des MAK.

Ergänzend zur MAK-Ausstellung „System Wien“ erscheint eine Publikation: „LEBBEUS WOODS. System Wien“, hg. von Peter Noever, mit Beiträgen von Manuel De Landa, Anthony Vidler und Lebbeus Woods, dt./engl., ca. 160 Seiten, MAK / Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 2005

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SYSTEM WIEN
Lebbeus Woods skizziert Szenarien für die Zukunft Wiens