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Liina Siib (*1963, Tallinn) begann als eine der ersten KünstlerInnen Estlands, digital bearbeitete Fotografie anzuwenden. Von Anfang an war ihr Thema die menschliche Natur mit ihren komplizierten Beziehungen zwischen der Kindheit und der Welt der Erwachsenen. Die Künstlerin dringt zu den verborgenen Facetten vor und schafft dadurch immer vielschichtigere und weiter herausgearbeitete Systeme von Allusionen. Sie wählt einen sehr nahen Blick auf jenen erregenden Augenblick, in dem sich das Kind wünscht, so schnell wie möglich erwachsen zu werden, und auf jene Bilder, die sich der Kindheit als Welt der Erwachsenen präsentieren. Bisweilen blitzt in ihnen tiefe Traurigkeit auf – hervorgerufen durch die unerläßliche Unterwerfung der Erwachsenen unter unabänderliche Regeln und das Unvermögen, Kindern bei ihren Aktivitäten und Spielen Trost zu spenden.

Die Digitalisierung hat den Fotografien Siibs eine besondere Dimension der Realität verliehen, eine Art Raum. Sie unterscheidet diese Bilder von der sogenannten dokumentarischen Kunst und von der Welt, die das Alltagsleben objektiv darstellt. Es geht hier nicht darum, eine künstliche Welt im Gegensatz zur tatsächlichen Realität zu erschaffen. Wie viele andere Aspekte in Liina Siibs Schaffen bewegt sich auch der Realitätsbegriff auf dem schmalen Grat zwischen zwei nicht eindeutig unterscheidbaren Seiten. Sirje Helme, Direktorin des KUMU - Museum für Neue Kunst, Estland

Die Plakate des Projektes "Movie Posters" (2001 - 2004) werben für Filme und Darsteller, die es nicht gibt. Jedes Plakat ist mit einem Satz versehen, der den Film zusammenfaßt. Die Plakate interpretieren verschiedene Filmgenres, wie z.B.: Action-, Horror-, Dokumentarfilme, neorealistische Dramen, Schwulen- und Lesbenfilme, Musicals, Romanzen usw. Unerfüllte Träume werden in Märchen oder in Filmen unterschiedlicher Genres Wirklichkeit. Wie durch ein Wunder simuliert die Handlung Perfektion. Den Zuschauern wird die Möglichkeit gegeben, sich mit liebenswerten Helden zu identifizieren. Die Plakate gehen zurück auf Aufnahmen der Autorin an den unterschiedlichsten Schauplätzen in aller Welt. Liina Siib über "Movie Posters"

Die Serie „Feigenblätter“ (2002/2004) hinterfragt kulturelle Konventionen, indem sie ein ´fotografisches Herbarium` von Feigenblättern aus Marmor- oder Gips vorführt. Die Beispiele wurden auf öffentlichen Plätzen oder in Museen und Parks in Tallinn und London aufgenommen. Einst versah man Skulpturen mit Feigenblättern, um den Blick des Betrachters vor diskreten Orten einer nackten Figur zu schützen. Die Konventionalität der Nacktheit an einem öffentlichen Platz ist auch heute mit der immer noch vorhandenen Klassenideologie verbunden. Bedenkt man aber die Besonderheiten unterschiedlicher Skulpturentypen (Kaiser, junges Mädchen, Gott der alten Griechen), so werden heutzutage eher die Skulpturen durch die über den intimen Teilen angebrachten Feigenblätter vor anzüglichen Blicken der Betrachter geschützt. Von hier aus entwirrt sich das Thema der verhängnisvollen Einengung des privaten Raums, und das Feigenblatt könnte gut und gerne anfangen, das Private anzudeuten, anstatt den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies zu markieren. Liina Siib über "Feigenblätter"

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog u.a. mit Texten von Jan Kaus

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Liina Siib: Eye Strip