press release only in german

2 - 4 May 2008, 12-6pm (Brunch: 3 May 2008, 12-2pm)

2 - 24 May 2008 nach Vereinbarung / by appointment: mail@acgebbers.com + lisajunghanss@yahoo.de

Pressetext:

Lisa Junghanß stellt in der Bibliothekswohnung drei neue Arbeiten vor: FALLE (2008), letzte Tugend (2008) und jenseits der Mitte (2008). Junghanß inszeniert Performances, die sie mit Video- und Foto-Kamera dokumentiert. Anschließend werden die Filmbilder von der Künstlerin collagiert und mit Sound unterlegt. Als Loops projiziert erzeugen die Videocollagen ein nicht-narratives Szenario, während die C-Prints den filmischen Diskurs um das fotografische Dispositiv erweitern und auf formale Aspekte wie Schärfe, Unschärfe, Oberfläche, sowie die Präsenz von Sichtbarem und Unsichtbarem konzentrieren. Die aktuellen Foto-Serien sind Videostills, die als Screenshots ent standen sind. In anderen Zyklen überträgt Junghanß die Struktur der digitalen Video auf zeich nung auf Fotopapier oder fertigt szenische Fotografien an, die während des Videodrehs zusätzlich mit einer Fotokamera entstehen.

Die Videofilme und die dazu gehörigen C-Print-Serien nehmen in einer installativen Anordnung räumlich und atmosphärisch von der Bibliothekswohnung Besitz. Die Arbeiten zeigen die Künst le rin in nicht genauer interpretierbaren Situationen, die zwischen Traum, Phantasie und Wirk lichkeit changieren. Häufig handelt es sich um Figuren, die halb Mann und halb Frau, mit ihrem Alter Ego in einer Mischung aus Verzehren, Vernichtung und Einverleibung zu ringen scheinen.

FALLE (2008) zeigt eine Art Klause, deren Bewohnerin oder Insassin auf engstem Raum mit sich und ihrem Spiegelbild eingesperrt ist. Zwischen Schönheit, Erotik, Jugend, Alter und fratzen haften Überzeichnungen des eigenen Zustands scheint in dieser „Living in a Box“-Situation jener Bereich des Psychischen Oberhand zu gewinnen, in dem Identifikation und Narzissmus angesiedelt sind. Als das Imaginäre ist er bildhaft und dual organisiert. Wie schon in ihrer letzten Videoarbeit The Visitation of my other Self (2007), in der sich die Künstlerin eingesperrt in einer winzigen Vorrats kammer zwischen immer bedrohlicher wirkenden Alltags gegenständen windet und dabei durchaus frivole Assoziationen zulässt, spielen Handlungs- und Präsentationsraum der Performance in der Inszenierung die beklemmende Rolle, die die Imagi nation für das jenseits Stattfindende öffnen. Bildästhetik und Musik verweisen auf den frühen, mit Klavierbegleitung projizierten Stummfilm.

letzte Tugend (2008) konzentriert die Thematik der unterschwelligen Gewalt, Todesgefahr und Todessehnsucht in ein einziges Bildmotiv. In kaum zu ertragend nahem Anblick ist ein verzerrtes, aber auf makabere Weise faszinierend schönes Gesicht in Großaufnahme zu sehen. Die Mimik ist indifferent zwischen Ekstase und Agonie angesiedelt. Die grafisch schwarzweiße Farbigkeit von Video und Foto erzeugt die gleiche distanzierte Haltung wie der collagierte Videoschnitt von FALLE.

jenseits der Mitte (2008) zeigt eine pastoral anmutende Landschaft: Vor einer Ruine grasen Kühe. Die Kamera schwenkt in Zeitlupe über die Szenerie. Einzig die dem Film unterlegten Atemgeräusche machen aus dem sentimentalischen Gebäude, der Weide mit den Tieren einen Ort des dräuenden Unheils oder des geisterhaften Aufscheinens vergangener Verbrechen.

Junghanß’ Ansatz artikuliert Performance als Bemühen, das Reale darzustellen, wie es sich z.B. im Ekel, Horror, Begehren oder Traumatischen artikuliert. Dieses mit der Psychoanalyse von Lacan verbundene „Reale“ entzieht sich jeglicher Symbolisierung und macht sich vielmehr im konstitutiven Mangel für eine Symbolisierung bemerkbar: Entscheidender wird damit, was nicht dargestellt werden kann und was nicht im Bild ist. Beim Rezipienten stellt sich ein Zustand der Wagheit oder Verunsicherung ein, da er mit Symptomen konfrontiert ist, die er nicht eindeutig zu interpretieren vermag.

Lisa Junghanß (*1971 in Döbeln) hat an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden und dem San Francisco-Headlands Center for Arts studiert. Ihre Arbeiten wurden u.a. im P.S.1 New York, im ISP, New York, auf der Manifesta in Frankrfurt, im Leonardimuseum in Dresden, in der Kunsthalle Wien, bei Cerealart in Philadelphia, im GL Strand Kopenhagen und im Residenzschloß/Staatliche Kunstsammlungen Dresden gezeigt. Lisa Junghanß lebt und arbeitet in Berlin.

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Lisa Junghanss
Falle