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Tiefrot leuchten die Neonkonturen von Ghost Rider (2008) in der Dunkelheit des Raumes, verdoppeln sich verzerrt im zerbrochenen schwarzen Glas auf dem Boden und öffnen so einen Imaginationsraum: Die Welt als Vorstellung, etwas, das sich uns entzieht und in seiner Gesamtheit niemals erfasst werden kann. Der Traum ist, dass wir uns diese sichtbare Welt zum Schein werden lassen.

Bereits in früheren Installationen ist der Raumbezug grundlegend für Lori Hersberger. Seine Werke reflektieren den Raum, absorbieren ihn und lösen die Architektur ins Immaterielle auf. Gleichzeitig steigern sie die Präsenz des Raumes durch dessen Bildwerdung und Verdoppelung im Spiegel. Dekomposition und Akzentuierung der Raumhülle sind zugleich vorhanden und erzeugen so eine Syntax der Gegenüberstellung von sich gegenseitig störenden und vorerst unvereinbaren Positionen - eine Grundstruktur, die für das ganze Werk des Künstlers charak-teristisch ist. Die Abstraktion wird jedoch nicht als hermetische Welt verstanden, im Gegenteil, seine Werke suggerieren eine Offenheit, die den Blick in eine Dra-maturgie der Leere und Zeichen, Atmosphären und Brüche führt.

In der abgedunkelten Galerie komponiert der Künstler für die Ausstellung einen Raum, dessen Neonkonturen ein intensives Licht erzeugen, durch das eine ephemere Abgrenzung optionaler Bilder, Geisterbilder, inszeniert wird. Somit werden zeichenhafte Bedeutungsfelder gegenübergestellt, in deren Dynamik Illusion und Desillusion, Ehrerbietung und Taktlosigkeit, Ironie und Überflüssigkeit, Liebelei und Abneigung, in Form einer gleichzeitigen Überhöhung und Brechung schonungslos aufeinander treffen.

Wenn gewisse Kunst der letzten Dekaden als Kunst der Attrappe wirksam werden konnte, ist es passend, bei den Werken Hersbergers vom Phantom zu sprechen. Im Unterschied zur Attrappe, die nur ein Bild darstellt, hält sich das Phantom tatsächlich zwischen Leben und Tod auf. Dieses nicht-mehr oder noch-nicht vorhanden sein, beschreibt Jacques Derrida mit dem Begriff der Hantologie. Die Moderne ist zwar Geschichte, findet aber bei Hersberger ihre Wiederkehr. Das heisst, die Moderne erscheint als Leichnam wieder auf dem Schauplatz der Kunst. Die gesamte Moderne ist in der Postmoderne enthalten, aber sie spricht jetzt aus dem Jenseits.

In Hersbergers Arbeiten ist ein bestimmter Typus von Ironie gegen den postmodernen Zynismus im Spiel. Weil sein Werk nicht nur Freiheit und Triumph, sondern auch Verzweiflung und Melancholie zum Ausdruck bringt, gewinnt es seltsamerweise eine größere kritische Reichweite, als durch eine rein zynische Haltung gegenüber traditionellen Werten. Wir freuen uns, mit der ersten Einzelausstellung von Lori Hersberger in der Galerie Nicola von Senger einen eindrücklichen Blick in seine aktuelle Arbeit zu präsentieren. Der in Zürich lebende Künstler gehört mit seinem Werk zu einer Generation international bekannter Schweizer Künstler. Zudem möchten wir darauf hinweisen, dass im Herbst die Publikation Lori Hersberger – Phantom Studies, Museum für Zeitgenössische Kunst in Lyon, im Verlag JRP|Ringier erscheint. Rémi Jaccard, Juli 2009

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Lori Hersberger
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