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Durch seine Teilnahme an der Documenta11 und eine große Retrospektive in der Kunsthalle Kiel zu Anfang diesen Jahres ist der Künstler und Kunsttheoretiker (*1937 in Lübeck, später nach Uruguay emigriert, lebt seit den sechziger Jahren in New York) erstmals in Deutschland einem größeren Publikum bekannt. "Camnitzers besondere Leistung", so Dirk Luckow im Katalog der Kieler Ausstellung, "besteht in einer Politisierung der Konzeptkunst. (1) In seinem künstlerischen Selbstverständnis, das sich neben europäischen Traditionen wie Dada und Situationismus auch auf uruguayanische Guerillastrategien beruft, ist er für eine Reihe junger lateinamerikanischer Künstler wie z.B. Santiago Sierra vorbildhaft geworden.

Neben Raum greifenden Installationen ist es vor allem das Medium der Druckgrafik, aus dem heraus Camnitzer seine künstlerische Haltung entwickelt hat. Die Druckgrafik, so seine These, sei ein von seiner ureigensten inneren Zielsetzung seiner demokratischen Informationsvermittlung entfremdetes Territorium geworden. Anstatt "ernsthaft einzuwirken auf die Art und Weise, wie wir Dinge sehen und wie wir denken", sei sie zu einer "Kolonie der Künste" geworden, die ihre ganze Emphase auf technisches Raffinement lege. Mit dem Medium der Fotoradierung hat Camnitzer eine Ausdrucksmöglichkeit gefunden, die es ihm erlaubt, die spezifischen Qualitäten der Übertragung, die in einer transzendenten Entrücktheit der abgebildeten Dinge liegt, zu vertiefen und inhaltlich zu nutzen, ohne in die Falle eines "technischen Fundamentalismus"zu stolpern. (2)

Die Serie "Agent Orange", an der er von 1984 bis 1987 arbeitete, ist sein zweiter großer Fotoradierungszyklus - nach der "Uruguyan Torture"-Serie (1983-84), die er auf der letzten documenta zeigte. Der Titel "Agent Orange" nimmt Bezug auf das gleichnamige dioxinhaltige Pestizid, das im Vietnamkrieg als Entlaubungsmittel eingesetzt wurde und später in den Verdacht geriet, fötale Missbildungen hervorzurufen. Über das konkrete zeitgeschichtliche Drama hinaus entwirft Camnitzer in der 43teiligen Serie durch suggestive Text- und Bildkombinationen eine halluzinatorische Zwischenwelt, in der die Dinge jeglicher substanzieller Qualitäten und verlässlicher Zuschreibungen entledigt werden.

(1 ) Vorwort, in: Luis Camnitzer, Werke von 1966 bis 2003, Schleswig-Holsteinischer Kunstverein in der Kunsthalle zu Kiel, 2003, S. 10 (2 ) Luis Camnitzer: "Print Making: A Colony of the Arts" (unveröff. Aufsatz). Pressetext

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Luis Camnitzer "Agent Orange"