Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

SPSG - Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in der Potsdamer Residenz, in Berlin und der Mark Brandenburg.
Potsdam

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Ort: Pfaueninsel

Weltsehnsucht. Weltflucht. Sechs zeitgenössische Künstler setzen sich anlässlich der zweiten Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) im „Luisenjahr“ 2010 mit der Landschaft der Berliner Pfaueninsel und dem Leben der Königin Luise von Preußen auseinander. Damit wird die Pfaueninsel zum Ort eines einmaligen Ausstellungsexperiments der SPSG, wie es in dieser Form erstmalig im UNESCO-Welterbe erlebbar ist. Neben dem Schloss und der Meierei öffnen erstmals Parkgebäude wie u.a. der Beelitzer Jagdschirm und das Kavaliershaus ihre Pforten, die bisher der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren. Die Verknüpfung von internationaler Gegenwartskunst mit den auf der Insel vorhandenen kulturhistorischen, politischen und naturwissenschaftlichen Themen bietet den Besuchern eine einzigartige Mischung aus Bildung und Kunst. Im Dialog mit den architektonischen Objekten und der von Lenné gestalteten Landschaft, entwerfen die Künstler Sylvie Bussières („en passant“, CA), Christian Engelmann („Max. 1 Minute“, D), Joan Fontcuberta („Institute of Cryptornithology“, ES), Michael Lukas („Parkett“, D), Robert Stieve („Eicheln“, D) und Martin Weimar („Hortensienarmee“, D) künstlerische Installationen und museumsdidaktische Stationen, die den Besucher auf seiner Wanderung durch die „Weltlandschaft“ Pfaueninsel begleiten. Durch ausgewählte Themenbereiche werden Fragen zu dem jeweiligen Ort, zur Person der Königin Luise und ihrer Rolle als Frau, Gattin, Mutter, Königin und Heilige gestellt und reflektiert.

Am nord-östlichen Ufer der Insel mit Blick auf die Havel befindet sich „The blind pavilion“ (2003) von Olafur Eliasson. Mit der Pfaueninsel und der zeitgenössischen Ausstellung „Luise. Die Inselwelt der Königin“ ist hier ein idealer Platz zum Konzept „Innen Stadt Außen“ von Eliasson im Martin-Gropius-Bau gefunden. Der Pavillon passt sich mit seinem wechselvollen Spiel von Innen- und Außenwelt und der Auslotung der Verhältnisse von Museum, städtischem Raum, Zeit und Natur perfekt in das Konzept des Kurators Michael Lukas ein. Auf ihrem Inselrundgang entdecken die Besucher insgesamt 18 Orte künstlerischer Interventionen. In leuchtendem Orange laden verschieden geformte Sitzbänke zur Rast ein. Wer hier verweilt, kann über das eigene Mobiltelefon Toncollagen abrufen. Während man den Blick schweifen lässt werden unter der Regie von Christian Schult Themen wie “Spiele und Feste“, „Luise und der Krieg“ und „Ferne Welten“ zu einem Kino im Kopf.

Königin Luise (1776-1810) ist neben Friedrich dem Großen die populärste dynastische Gestalt der preußischen Geschichte. Die SPSG begeht ihren 200. Todestag im Jahr 2010 mit drei Ausstellungen und zahlreichen Veranstaltungen. Der Pfaueninsel, die als einer der Lieblingsorte Luises gilt, kommt in diesem Jahr eine besondere Rolle zu. Luise als scheinbar „bürgerliche“ Gattin und Mutter, ihre politische Funktion und der Mythos um ihre Person sind auf der Insel gegenwärtig. Gleichzeitig ist sie ein Ort preußischer Geschichte, den zahlreiche Besucher aus europäischen Fürstenhäusern betraten und der Zeuge eines für die Fortsetzung der preußischen Reformen bedeutenden Treffens Luises und ihres Gatten mit dem Freiherrn von Hardenberg wurde. Die künstlerische Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes und dem Mythos um die Person der Königin Luise birgt die Chance einer kritischen Hinterfragung der Überlieferungen, wie auch die Möglichkeit einer persönlichen künstlerischen Stellungnahme. Die Pfaueninsel, Fauna-Flora-Habitat-Gebiet der Europäischen Gemeinschaft und zum Unesco- Welterbe der königlichen Gartenlandschaften von Berlin und Potsdam gehörig, stellt eine architektur-, kultur- und gartengeschichtliche Einzigartigkeit dar, in der sich Einflüsse aus aller Welt in zuweilen bizarrer Exotik mischen. Der Insel haftet ein eskapistischer Zug an: Hier wurde man durch fremdländische Pflanzen, Tiere und Bauten in ferne Zeitalter und Regionen hineinversetzt, zum Beispiel mit dem otaheitischen Kabinett, der holländischen Küche, dem Schweizerhaus und dem italianisierend gestalteten Lamahaus. An die Bildungslandschaften der europäischen Aufklärung knüpfte der Jakobsbrunnen als verkleinerte Nachbildung der Ruine des antiken Serapistempels in Rom an. Vierzig Jahre im Grenzgebiet der beiden deutschen Staaten gelegen und nur vom Westteil Berlins aus zugänglich, kann die Insel heute von Besuchern aus nah und fern entdeckt werden. Nachdem im 17. Jahrhundert der Alchimist Johannes Kunckel auf der Insel bereits mit der Rubinglasherstellung experimentierte, begann Ende des 18. Jahrhunderts unter König Friedrich Wilhelm II. die Bebauung als Lustinsel mit einem Schlösschen und Bauten wie der Meierei, die im Kontext der auf dem europäischen Kontinent seit der Aufklärung beliebten Schmuckdörfer steht. König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise bereicherten die Insel mit Viehbestand und Felderwirtschaft im Sinne der agrarreformerischen Ideen um 1800. Nach dem Tod Luises wurde sie zum Gedenkort und von dem Gartenkünstler Peter Josef Lenné in einen Landschaftspark umgewandelt. Eine Vielzahl heimischer und exotischer Tiere bevölkerte die Insel. Für die Tiere und die botanischen Attraktionen entstand bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ein buntes Gemisch an Gebäuden, oft versetzt mit Originalbauteilen aus aller Welt. Das 1880 abgebrannte Palmenhaus galt als einmalige Sehenswürdigkeit im kontinentalen Europa. „Berlins erster Zoo“ wurde schon damals regelmäßig dem bürgerlichen Publikum geöffnet. Heute sind es noch die Pfauen, die der Insel ein exotisches Gepräge geben.

Im Zusammenklang von künstlerischen Positionen und wissenschaftlicher Aufbereitung entsteht ein innovativer Ansatz kultureller Vermittlung, der gleichermaßen an moderner Kunst wie an Kulturgeschichte interessierte Besucher sowie Garten- und Naturliebhaber anspricht. Die historischen Phänomene der Insel spiegeln sich in deren neuer Funktion als interkultureller Ort des Lernens, des Spiels und der Begegnung.