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SETAREH SHAHBAZI Oh, no, no ... The Crystal Series Setareh Shahbazis Bildwelten konfrontieren den Betrachter mit einer eigenartigen Ambivalenz: Man schaut auf Motive und Szenarien, die intim und oberflächlich, entrückt und dekorativ, tiefsinnig und plakativ erscheinen, die ästhetische Techniken des Comic und der Werbegrafik gezielt einzusetzen scheinen und doch weder eine Geschichte noch eine "message" verkünden. Man sieht einfache Motive - Figuren, Architekturen, "Natürliches" wie Tiere, Flora, Landschaft - vor einem flachen, farbigen Grund. Die Farbigkeit der Bildflächen konzentriert sich auf ein Spektrum gebrochener Pastelltöne, das keiner eindeutigen kommerziellen oder kulturellen Kodierung zuzuordnen ist, und weckt beim Betrachter sowohl Reize des Wohlgefallens wie das Empfinden einer un(be)greifbaren Distanz oder Entrücktheit der Sujets.

Der Mann, der ein Baby in den Händen hält, erscheint aus einem Kontext gerissen. Aber weder verweist seine Identität auf eine Werbung für Babynahrung noch auf die einer TV-Serie. Sein Bild gibt keinen Aufschluss über ihn / sich selbst. Wohin richtet sich der Blick der Frau auf gelbem Grund, wenn dieser nach rechts oben gerichtet ist? Funktionieren diese Bilder wie eine Leinwand ohne Projektion, eine Enttäuschung? Ein schönes Ornament? Oder eine Art von fiktiver Behausung (vordergründig vor einem flachen Hintergrund)? Wer entzieht hier wem was in der Sinn-Produktion?

Setareh Shahbazi produziert Bildwelten, die noch ahnen lassen, dass sie sich aus Vor-Bildern generiert haben, um diese hinter sich zu lassen. Sie thematisieren einen Entzug, der fast melancholisch zu nennen wäre, wenn er nicht gleichzeitig von Sinngebung freisetzte. Das macht ihre Ambivalenz aus: Ihre Vordergründigkeit trifft das Verlangen nach Hintergrund.

Setareh Shahbazi, 1978 in Teheran geboren, studierte Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe. Im zurückliegenden Jahr arbeitete sie mit einem DAAD Stipendium in Beirut in Kooperation mit der Fondation Arabe pour l'Image. Der Badische Kunstverein stellt Setareh Shahbazis Werke erstmals in einer Einzelausstellung vor.

Es erscheint ein Katalogbuch mit zahlreichen Abbildungen und Texten von Simon Baier und Angelika Stepken.

HANS ROGALLA DIE WELT MUSS SCHÖNER WERDEN Hans Rogalla, 1946 in Karlsruhe geboren und 40 Jahre später hier verstorben, war zu seinen Lebzeiten bereits an Gruppenausstellungen (1977 und 1988) im Badischen Kunstverein beteiligt.

18 Jahre nach seinem Tod wird nun in einer Kooperation mit der Kunsthalle Düsseldorf erstmals sein unabgeschlossenes, fragmentarisches Werk mit einer Fülle von Papier-arbeiten, einigen wenigen großformatigen Bildern und kleinformatigen Terrakotta-Plastiken vorgestellt. Die Initiative zu dieser Ausstellung ging von Robert Hartmann, Vorsitzender des Künstlervereins Malkasten in Düsseldorf, und Stephan von Wiese, Kurator der Stiftung museum kunst palast aus.

Hans Rogalla studierte von 1964 bis 1966 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, zunächst an der Freiburger Außenstelle bei Hans Meyboden, dann bei Georg Meistermann. Während eines einjährigen Aufenthalts bei Renato Guttuso in Rom wurde für ihn die Verbindung politischer und erotischer Motive in der Malerei prägend. 1967 wechselte er zu Josef Beuys an die Düsseldorfer Kunstakademie (bis 1970). Dort galt er aufgrund seines Festhaltens an der damals verpönten Staffeleimalerei als Außenseiter und agierte als Mitglied opponierender Künstlergruppen wie LIDL und YIUP (zusammen mit Robert Hartmann, Hans Henin und Hans Heiniger). "Die Welt muss schöner werden!" - forderte Rogalla auf der gleichnamigen YIUP-Graphik von 1970.

Das Werk Hans Rogallas, der einem pietistischen familiären Umfeld entstammt, ist zeitlebens von malerischen Visionen der Lust und Qual geprägt. Sein obsessives Schaffen handelt von Körperlichkeit und Sexualität, aber auch von einer Biografie, die zwischen Italophilie und bundesdeutscher Realität der 60er Jahre zerrissen ist und gegen die gesellschaftlichen Rituale politischen Widerstands und "sexueller Befreiung" aufbegehrt.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther König mit zahlreichen Abbildungen und Texten von Künstlerfreunden und Kollegen Hans Rogallas.

LUCIA MADRIZ erscheinen Der Badische Kunstverein stellt eine Reihe von Arbeiten der costa-ricanischen Künstlerin Lucia Madriz vor, die während ihres einjährigen Aufenthalts an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe entstanden sind. Lucia Madriz, 1973 geboren, hat in den vergangenen zehn Jahren an einer beträchtlichen Anzahl von Ausstellungen in ihrem Heimatland und vereinzelt auch in Nordamerika und Europa teilgenommen.

Als sie vor mehreren Monaten im Kunstverein ihre Mappe vorstellte, beeindruckte vor allem ein Werkzyklus der letzten vier Jahre, der in verschiedenen Facetten und Medien die Sexualisierung von Haar am weiblichen Körper thematisiert. Was Lucia Madriz interessiert, ist der Blick auf den Körper der Frau, dessen Parzellierung und Bewertung: welche Zonen von Haarwuchs werden mit Attributen von Schönheit (Kopfschmuck) sozialisiert, welche Zonen sind legitimer Scham vorbehalten und für welche Behaarung soll eine Frau sich schämen?

2002 : Eine Kamera filmt eine sitzende Frau, die ein Modemagazin liest, von Kopf bis Fuß ab. Sie hat halblanges dunkles Kopfhaar, trägt ein helles Sommerkleid, hat die Beine übereinander geschlagen, ihre Fußnägel sind lackiert und sie trägt weiße Sandalen. Ihre Schienbeine sind unrasiert. (Natural Woman)

Ein Frauenbild auf Körper zu reduzieren, legt bereits die Szenerie eines Schlachtfeldes aus: von Kontrollansprüchen, Maßnahmen, Projektionen und hochdifferenzierten kulturellen Zuschreibungen, Aneignungen und Widerständen. Doch Lucia Madriz' Arbeiten sind still, manchmal still und sehr direkt in ihrem Affront, manchmal still, ambivalent und poetisch. Sie zeigt den leibhaftigen Frauenkörper ˇ sehr selten auch Bildausschnitte ihres eigenen ˇ in Videos eher als einen passiven Körper, dessen Vitalität sich hinter seine Hautoberfläche zurückzieht, dessen Schädel gewaltsam sexuell in Anspruch genommen wird (Headache, 2004), aus dessen Handflächen ˇ wie in einer Heiligenlegende ˇ Büschelchen von Schamhaaren sprießen (Stigmata, 2004). In ihren Zeichnungen, Objekten und Installationen spielt sie indes ˇ humorvoll-offensiv, kritisch, bitter - mit Maskeraden und Symbolen: Brüste rotieren als raue Reinigungspads, Pflasterstreifen entfalten sich zu Blütenblättern in Vaginastilisierung, Fingerzeichen offenbaren sich als Masturbations-Manual, zwischen langbeinigen Schenkeln entfaltet sich gezeichnete Haarpracht.

Warum wird auf historischen Gemälden dem Frauenkörper keine Scham (-behaarung) gegeben? Wird die Ganzkörperrasur von der Mode, bzw. Dessousindustrie bestimmt oder begleitet? Geht es in der Pornografie um Körper und Häute oder um Fleisch?

Lucia Madriz begann ihre "haarigen" Arbeiten mit einer Selbstbefragung: Wie fraulich / männlich kann ich sein ? und suchte nach entsprechenden Identifizierungen. Was sie recherchierte, waren Empfindungen von Furcht, Polarisierung, Enteignung, Verpuppung, Hautgrenzen und Innerlichkeiten, für die sie Bilder erfand: Wait this is me.

Pressetext

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Madriz / Rogalla / Shahbazis

mit Lucia Madriz, Hans Rogalla, Setareh Shahbazis