press release only in german

pressetext

Die erste institutionelle Einzelausstellung von Maha Maamoun konzentriert sich auf ihre Filme, mit denen die Künstlerin bestehendem Bild-, Text- und Tonmaterial Geschichte injiziert: In Domestic Tourism II (2008) werden Cameo-Auftritte der Pyramiden von Gizeh im ägyptischen Kino seit den 1950er Jahren aneinandergereiht. Dabei avanciert das antike Weltwunder in seiner Funktion als Kulisse, vor der nationale, individuelle und sexuelle Identitätsfragen im ägyptischen Mainstreamkino verhandelt werden, zum Protagonisten eines dramatischen Spielfilms. Wenn in 2026 (2010) der Text eines zeitgenössischen Science-Fiction-Romans auf das Reenactment eines ikonischen Filmbildes aus den 1960er Jahren trifft, wird die Vorstellung von Imagination als Möglichkeitsraum ad absurdum geführt. Auf Youtube gefundene, verwackelte Handyaufzeichnungen von der Erstürmung der Staatssicherheitsgebäude in Damanhur und Kairo im Frühjahr 2011 installiert Maamoun in Night Visitor: The Night of Counting the Years (2011) zu einem beschwerlichen Parcours der Vergangenheitsbewältigung. Auch in ihrem jüngsten Film Shooting Stars Remind Me of Eavesdroppers (2013) werden keine Schauspieler und Szenerien dirigiert, sondern Bild- und Tonaufnahmen aus dem al-Azahr-Park mit einem intimen Gespräch über Belauschen, Wahrheit und Vertrauen orchestriert. Mit ihren Filmen durchforstet Maamoun das kulturelle Imaginäre nach historiografischen Klammern für die Gegenwart. Dies schlägt sich auch im Ausstellungstitel nieder, der dem kanonischen Film von Shadi Abdel Salam entliehen ist. Ihre Arbeiten zeigen, dass die Frage, ob Kunst den symbolischen Zirkel verlassen kann, um in der Lebenswelt wirksam zu werden, falsch gestellt ist: Es geht allein um das Wie. Denn die Kunst öffnet sich wie von selbst, wenn Maamoun symbolische Repräsentationen ernst nimmt und sie miteinander kollidieren lässt. Die beim Zusammenstoß entstehenden Risse in den Darstellungen ermöglichen es, die schmerzenden Punkte aktueller Auseinandersetzungen zu erahnen.

Kuratiert von Nina Tabassomi