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Keine Stadt der Welt ist vergleichbar häufig und über einen ähnlich langen Zeitraum hinweg von bildenden Künstlern bedacht worden wie Venedig. Die ehrwürdige Lagunenstadt ist seit den Tagen Giovanni Canalettos (1697-1768) immer wieder Thema großangelegter künstlerischer Konzepte, um die Pracht und den Verfall, die Schönheit und die Melancholie dieses einzigartigen topographischen Ensembles zu schildern und zu dokumentieren. Dass neben der grundlegenden zeichnerischen Erfassung auch die Fotografie eine dienende Rolle spielt, ist seit dem 19. Jahrhundert und den großartige Venedig-Zyklen James Mc. Neill Whistlers (1834-1903) und vor allem John Ruskins (1819-1900) bekannt.

Seit 1994 verfolgt der Braunschweiger Malte Sartorius den ehrgeizigen Plan, noch einmal und mit ausschließlich zeichnerischen Mitteln ein neues Bild Venedigs zu entwerfen, das im Gegensatz zu allen Vorgängern auf jede touristische Perspektive, auf Gondeln und auch die verfallenden Palazzi entlang der Kanäle verzichtet. Seit seiner ersten Reise mit Studenten hat den begnadeten Zeichner und Grafiker die Obsession nicht losgelassen, dass es ein anderes Venedig geben müsse, welches zu zeigen oder zeichnerisch hervorzubringen keineswegs unzeitgemäßes künstlerisches Anliegen bedeutet. Und in einem langen Prozess, der noch immer kein Ende, keinen wirklichen Abschluss gefunden hat, nahm sich Sartorius mit aller Gründlichkeit, Behutsamkeit und im Wissen um die großen Vorgänger dieses traditionsreichen Themas an und machte es zu seinem eigenen. Das Erstaunliche an seinen Arbeiten sind die realistischen Mittel, die die Arbeit von Malte Sartorius seit jeher auszeichnen und die er jetzt in ihrer ganzen Virtuosität auf das Stadtbild Venedigs anwendet. Er skizziert vor der Natur, fotografiert aus gleichem Blickwinkel und verdichtet im Atelier beides zu Elementen eines nicht enden wollenden Zyklus, aus welchem jetzt 120 Werke der letzten Jahre erstmals zu einer Ausstellung zusammengefasst wurden. In der zeichnerischen Folge entsteht auf Nebenwegen durch die Lagunenstadt und aus ungewohnten Blickwinkeln ein neuer atmosphärischer Gesamteindruck von hoher künstlerischer Präsenz und Dichte. Es sind keine allseits beliebten und millionenfach fotografierten Motive, nicht vertraute Blicke, die der Zeichner filigran umschreibt, sondern er erfasst die aus Altem und Neuem, aus Verfall und Leben gebildeten Strukturen einer der schönsten Städte dieser Welt.

Malte Sartorius wurde 1933 in Ostpreußen geboren, studierte in den fünfziger Jahren an der Stuttgarter Akademie bei Karl Rössing und lehrte von 1963 bis 1999 freie Grafik an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.

Der Schriftsteller Helmut Heißenbüttel schrieb über den Künstler: "Sartorius erreicht in seinen Arbeiten einen Schwebezustand, der einmalig ist ... und das bedeutet nicht Anspannung, sondern Lösung und Gelöstheit. Dies sind Blätter, die man entziffert, indem man sich ganz in sie hineinbegibt, sich in ihnen verliert, sich in ihnen auflöst. Den demonstrativen Akten, die noch immer die Aktualität unserer Kunstübung auszeichnen, steht hier ein Akt der Einkehr gegenüber."

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Malte Sartorius
Venedig