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„How to know?“ singt die Deutsch-Irin Mariechen Danz (*1980 in Dublin, lebt in Berlin) in einer ihrer Performances. Und „How to know?“ entpuppt sich auch als die Hauptfrage ihrer gesamten künstlerischen Arbeit. Wissen in all seinen Facetten – seine Entstehung, seine Geschichte, seine Ausprägung in unterschiedlichen Kulturen und Wissenschaften, seine Vermittlung, seine Objektivität, seine Nutzung als Machtinstrument – ist der Kern, den sie in Zeichnungen, Skulpturen, Installationen, Performances und Musik umkreist. Die GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen zeigt in Kooperation mit dem Kunstverein Göttingen die erste institutionelle Einzelausstellung von Mariechen Danz, die diese unterschiedlichen Gattungen vereint. Darüber hinaus entspricht die Zusammenarbeit der beiden Häuser der prozesshaften Arbeitsweise der Künstlerin, indem sie den zunächst für Bremen entwickelten Ansatz in der anschließenden Präsentation in Göttingen weiterführt.

In anthropologischer Manier greift Danz in ihrer künstlerischen Produktion immer wieder auf den menschlichen Körper zurück. Er dient ihr als Ausgangspunkt für die Bildung und Aneignung von Wissen („The body is a problem, a problem in the positive sense, not just as an obstacle but as a vehicle for thought and action“, heißt es in der Performance weiter). Der Körper ist umgekehrt seit Jahrhunderten selbst Untersuchungsobjekt der Wissenschaft. In dieser Doppelrolle als Produzent und Reflexionsgegenstand fungiert er in der Arbeit von Danz. Modelle von Gehirnen tauchen immer wieder auf und symbolisieren das Zentrum, den Sitz des Wissens. Der Darm dagegen steht in ihrem Schaffen als Trichter und Verteiler (von Wissen). In ihren Performances schlüpft die Künstlerin häufig in Kostüme, die Körperlichkeit zusätzlich verstärken und mit Nachbildungen von Organen behängt sind. Das Abbild des Körpers ist bei Danz also immer auch ein Abbild des Wissens und der Vorstellung, die von ihm repräsentiert wird.

Besonderen Raum nimmt im Schaffen von Mariechen Danz die Auseinandersetzung mit der Performance ein. Dabei entstehen im Vorfeld zunächst Zeichnungen, auf die Skulpturen, kulissenhafte Anordnungen oder Fotografien folgen. Sie spüren den thematisierten Fragestellungen nach und setzen dem ephemeren Augenblick der Performance ein bleibendes Moment entgegen. Die Performance bildet den Schlusspunkt in Danz’ künstlerischem Vorgehen und hat die Aufgabe, die anderen Medien zu beleben und deren Inhalte auf einer erweiterten Ebene an die Besucher/innen zu transportieren. Allerdings kann sie, im Gegensatz zu Zeichnung, Objekt oder Foto, innerhalb von Danz’ Arbeit nicht für sich allein stehen, sondern benötigt den Zusammenschluss der verschiedenen Gattungen.

Mariechen Danz’ Performances vereinen formal tradiertes Vokabular mit eingängiger Popmusik, die im Ausstellungsraum in einem installativen Rahmen aus verschiedenen Objekten verankert werden. Wie auf der Bühne treffen innerhalb dieses Rahmens üppig kostümierte Darsteller aufeinander, die zusammen einem Plot folgen und von Gesang und Musik begleitet werden. Danz, als Protagonistin, gibt die Impulse für das Spiel zwischen festgelegter Handlung und Improvisation. Ihre Darbietungen erinnern an zeitgenössische Mini-Opern und formulieren gesellschaftliche Fragestellungen nach Ordnungssystemen, Kommunikationsweisen, Machtinsignien und immer wieder dem „How to know?“. Als Requisiten bedient sich die Künstlerin der Mathematik, Sprache, Biologie oder Anatomie, die in Form von Rastern, Diagrammen, Sprechblasen oder Körperteilen erscheinen.

Lacan’sche Theorie trifft hier auf einen gewissen Hang zur Groteske: Um ihren Ideen um den fragmentierten Körper weiteren Ausdruck zu verleihen, arbeitet Danz mit zerlegbaren Körpermodellen und aus Silikon gefertigten inneren Organen, die sie während der Performance im Publikum verteilt oder als Skulpturen in den Ausstellungskontext integriert. Sie postuliert damit eine eigenständige Form der Performance, die sowohl das formale Erbe einer Marina Abramovic nicht verschweigt, als auch Charakteristika der Aufführungen von Künstlerkollegen wie John Bock aufgreift. Sie versteht es, das pathetische Moment der body theory als auch das Absurde in ein Spiel zu übertragen, das kritisches Potential und Genuss des Schauspiels vereint. Danz ist gleichzeitig Musikerin, die ihr eigenes Bandprojekt UNMAP betreibt.

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Mariechen Danz
Kuratorin: Janneke de Vries