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Das „Springhornhof Institut für Neolithische Archäologie“ ist eine interdisziplinäre Installation des Künstlers Mark Dion (geb. 1961 in New Bedford, Mass, lebt in Beach Lake, PA und New York), die für den historischen Treppenspeicher auf dem Gelände des Springhornhofs entwickelt wurde. Grundlage ist eine vorhandene Sammlung steinzeitlicher Artefakte, deren wechselvolle Geschichte eng mit der Geschichte des Springhornhofs verbunden ist.

Der Treppenspeicher dient bislang als Geräteschuppen und Abstellraum. Im Zuge der anstehenden Sanierung der Ausstellungsräume des Springhornhofs soll er als Ausstellungsgebäude für die Steinzeitsammlung umgenutzt werden. Die Sammlung geht zurück auf den Bochumer Kunsthändler Wilm Falazik, der Mitte der sechziger Jahre seine Galerie im Springhornhof eröffnete. Er war ein begeisterter Hobbyarchäologe und unternahm in der Umgebung von Neuenkirchens umfangreiche Grabungen. Er ließ den Treppenspeicher hierher versetzen, um darin seine Funde auszustellen.

Nach Falaziks Tod 1972 wurde die Sammlung in Kisten und Tüten eingelagert und geriet in Vergessenheit. Fast alle vorhandenen Notizen und Grabungsunterlagen wurden bei einem späteren Einbruch beschädigt oder gingen verloren.

Der Archäologe Klaus Gercken, der in Vorbereitung des Projekts von Mark Dion mit der wissenschaftlich-archäologischen Untersuchung der Sammlung beauftragt wurde, stellte bei einer ersten Sichtung fest, dass die Artefakte trotz der lückenhaften Dokumentation für anthropologische Forschungen zur Entwicklung von Schlagtechniken sehr aufschlussreich sind.

Die Sammlung hat jedoch noch einen anderen Charakter: Auf Umwegen gelang es einen kleinen Teil der Grabungsunterlagen wieder aufzufinden, darunter die Landkarte, in der Wilm Falazik die Fundorte eingetragen hatte. Dies tat er mit großer Sorgfalt und Sachkenntnis, seine Interpretation einiger Fundstellen als „Opferteich“ und „Königsgrab“ offenbarte andererseits den spekulativen, nicht primär an Tatsachen orientierten Charakter seiner Forschungen. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Wilm Falazik einzelne seiner Fundstücke nachträglich bearbeitet hat, um seine These von einer eigenständigen „Neuenkirchener Stufe“ zu belegen.

Zur wissenschaftlich systematischen Vorgehensweise des Archäologen, ist damit die Sammlerpersönlichkeit des Hobbyarchäologen Wilm Falazik, mit seinen Irrtümern, seinen hochfliegenden Erwartungen und seinen kleinen Schummeleien als zusätzliche Dimension hinzugetreten.

All diese Aspekte wird Mark Dion in seiner Arbeit berücksichtigen. Der Künstler befasst sich seit Mitte der 80er Jahre intensiv mit der Geschichte unseres Umgangs mit der Natur und untersucht speziell die Repräsentationen der Natur in den Wissenschaften als Symptome ideologischer Diskurse. Vielfach hat er sich zudem mit der Situation der Natur im urbanen Raum auseinander gesetzt sowie in den letzten Jahren auch in archäologische orientierten Arbeiten die komplexen Strukturen einer Geschichtsschreibung, die durch Objekte entsteht, thematisiert. Die Ergebnisse seiner Feldforschungen präsentiert Dion meist in materialreichen vielschichtigen Installationen.

Sein Entwurf für das „Springhornhof Institut für Neolithische Archäologie“ erstreckt sich auf alle Etagen des alten Speichergebäudes. Im Erdgeschoss entsteht eine bühnenartige Rauminstallation mit professionellem archäologischen Equipment und einer Klangcollage aus Gesprächen mit verschiedenen Personen über Expertentum und Hobbyforschung. Im Obergeschoss geht es um Wilm Falaziks Ambitionen als Forscher. Den Hintergrund bildet die großformatige Reproduktion der Landkarte auf der er seine Fundorte eingetragen hat. Davor wird sein Studierzimmer mit Archivkästen und Schauvitrinen der Sammlung rekonstruiert. Auf dem Spitzboden darüber gleitet das Szenario ins phantastische ab. Ein Diorama zeigt Neuenkirchen zur Zeit des Neolithikums, allerdings so wie Wilm Falazik sich diese Epoche erträumt haben mag. Einschließlich eines zotteligen Mammuts, das zu dem Zeitalter aus der seine Funde stammen, gar nicht gelebt hat.

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ab 5. September 2009
Mark Dion
Das Springhornhof Institut für Neolithische Archäologie
Außenprojekt/ Rauminstallation im historischen Treppenspeicher
Kuratorin: Bettina von Dziembowski