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Dirk von Lowtzow über die Malerei von Mark Prince

Die Malerei von Mark Prince feiert keine Triumphe. Obwohl sie immer großformatig und niemals kleinmütig ist, ist ihr die sogenannte große Geste fremd. Malerisches Machismo und künstlerische Kraftmeierei sucht man in ihr vergebens, jedoch begnügt sie sich auch nicht mit der Geste des Unfertigen, definitiv Unvollendeten und Hingeschluderten. Mark Prince kennt keine Siege über das Sujet, aber er weiß zu künden von der großen Freude der andauernden Annährung, er weiß zu künden von den Spiralen der Erinnerung, die das Subjekt einkreisen und langanhaltende Schwindelgefühle hervorrufen können.

Obwohl Mark Prince offensichtlich sehr viel über Malerei weiß und diese liebt und man seine Arbeiten als im besten Sinne „retinal“ und meisterhaft gemalt bezeichnen kann, so glaube ich doch, daß er in gewisser Hinsicht vorgeht, als sei er ein Schriftsteller. In der Tat ist er beides: Nur wenige seiner Arbeiten kommen ganz ohne Schrift aus, durch die, in aller Kürze, sanfte Blitze der Erinnerung an Gewesenes, Erlebtes oder vielleicht nur Geträumtes in Richtung des/r Betrachter/in ausgesandt werden. Wie der große englisch-deutsche Schriftsteller W.G. Sebald ist Mark Prince ein Reisender im „Zeichen des Saturn“ (Susan Sontag), dem Emblem der Melancholie, deren Anatomie er unablässig erforscht. Eine unwirklich erscheinende Wolkenformation, Sozialwohnungen in Manchester, ein Stück Rasen mit Unkraut, beleuchtet von der Nachmittagssonne, scheinbar belanglose Dinge können einen kurzen Moment des Innehaltens erzeugen, ein Überwältigtwerden von der eigenen Erinnerung und tauchen dann, in Schrift gefroren, in Mark Princes Bildern auf. Gleichzeitig sind diese Akte des Erinnerns und Zurückverfolgens bei allem Ausgeliefertsein heroisch, denn sie erfordern ein Höchstmaß an Präzision und Genauigkeit. Der Künstler/Erzähler wird regelmäßig sehr weite Wege zurücklegen müssen, er muß bei dieser Art des schüchternen Ertastens eine paradoxe Selbstsicherheit an den Tag legen. So nimmt es nicht Wunder, daß in seiner Ausstellung von 2002 in der Galerie Crone, obskure Städtenamen wie Huron, South Dakota oder Västeras, Schweden, auftauchten. In gewisser Hinsicht erinnert Mark Prince so an die englischen Reisekünstler des 19. Jahrhunderts, freilich ohne je an den genannten Orten gewesen zu sein. Mark Prince kennt die Regeln dieses Spiels zwischen Konkretisierung und Abstraktion, zwischen Akkuratesse und ungenauem Erzählen und führt den/die Betrachter/in so immer wieder in die Irre. Wenn die Erinnerung spricht, kann sie auch lügen.

Da auch Popmusik enorm viel mit Erinnerung zu tun hat (und umgekehrt Erinnerung viel mit Popmusik, wenn man so will) ist eines von Mark Princes wiederkehrenden Erinnerungsfeldern der Postpunk der frühen achtziger Jahre aus Manchester, speziell der Szene um das einflußreiche Label „Factory Records“ aber auch anderer assoziierter Kleinstlabels („Le Disques du Crépiscule“), die für Mark Prince, der ebenfalls aus Manchester stammt, von großer Bedeutung war und ist. So beziehen sich einige seine Arbeiten auf alte Konzertplakate und Cover von Bands wie „New Order“ und „Durruti Collumn“ und erzählen so von einer Zeit in der Kunst und Popmusik aufs innigste miteinander verknüpft waren. Mark Prince greift Motive dieser Zeit, die auch seine Jugendzeit war, auf wie verstreutes Laub, destilliert sie wie Löwenzahnwein, eignet sie sich an, führt sie in die Abstraktion und fügt sie so seiner eigenen Landkarte der Erinnerung zu. Ein neuer Geograph ist in der Stadt!

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Mark Prince