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Eröffnung: Freitag, 23. Mai 2008, 19.00 h

Was die Werke von Simon Bergala, Thierry Costesèque und Laurent Proux verbindet, noch vor jeglicher Betrachtung ihres « Stils » (vorausgesetzt dieser Ausdruck hat noch eine Bedeutung) oder formeller Ähnlichkeiten (oft oberflächlich und täuschend), ist zunächst ihr Interesse für Orte, Objekte und Bilder, die den verschiedenen Stadien des wirtschaftlichen Aktionsbereiches entsprechen (Produktion, Werbung, Vertrieb, Handel, Konsum), und ihre Absicht, über die durch solche Räume und Objekte hervorgerufenen Gefühlserfahrungen berichten zu wollen: Flieβbänder und Warenlager, Wolkenkratzer in Geschäftsvierteln und Embleme der Erhaltung von Ordnung, Schilder, Werbebilder, Bonbonpapiere und Pressefotos.

In ausgesprochener oder unausgesprochener Weise bereichern uns diese Werke mit zugleich bekannten und unterschiedlichen Gefühlserfahrungen zeitgenössischen urbanen Raumes. In historischer Verbundenheit mit der Absicht, einen Handlungsablauf oder eine Erzählung zu gliedern oder verständlich zu machen, wurden Darstellungen urbanen Raumes (und mit ihnen die perspektivische Sicht) von politischen, sozialen, wirtschaftlichen oder religiösen Ansichten durchkreuzt ja sogar bestimmt. Seit der Renaissance projiziert die Stadt, gleich einer Theaterbühne, eine einige und idealisierte Sichtweise der Welt und gibt gleichzeitig ihren Willen, darauf Geschichte zu schreiben kund. Dieser Umweg hilft vielleicht einige Aussagen dieser Werke besser zu begreifen, die im Zeitalter der Handelsglobalisierung Zeugnis geben von der Erfahrung einer fragmentierten Wirklichkeit, die eher von Wechsel und Entropie bestimmt wird, als auf den stehenden Formen der idealen Stadt gegründet ist.

In den Bildern von Simon Bergala, resümiert sich die zeitgenössische Stadt in der « City », sie ist auf einen Stereotyp reduziert, deren Stilisierung an den vereinfachten Grafismus eines Comic-Streifens erinnert, sie lässt an ein Modell oder Spielzeug denken, das durch die Anwesenheit angsteinflössender Helme weniger unschuldig wirkt. Diese manchmal « kartografische » und dann wieder figurative Malerei integriert gleichzeitig Elemente, die auf der Materialität und Spezifität des Bildraumes insistieren : Motive, die die Seiten des Blendrahmens verdoppeln zu scheinen, eine empirische Perspektive, die einen zweideutigen Raum erzeugt, der komprimiert wirkt, die Umsetzung lässt durch eine gewisse « Brutalität » in der Ausführung viel Raum für eine starke Pikturalität (breite und fette Pinselstriche, Dripping-Technik, heftige Kontraste, Farbdichte).

Die Malerei von Laurent Proux funktioniert eher in Ausschnitten, Entnahme und Montage von « Details » aus urbanem Zusammenhang oder aus geschlossenen Hallen industrieller Produktion. Durch diese Vorgehensweise will er die Verschiedenartigkeit von Wahrnehmungen und die Zerstückelung des Produktionsverfahrens aufgrund der Flieβband-Organisation wieder herstellen. Die Fotografie als Dokumentationsquelle bleibt sichtbar in diesen Bildern, in denen sich menschliche Anwesenheit nur durch das Einschalten von Gegenständen (Schemel, Arbeitshandschuh) und durch Zeichen (Aufschriften, Skizzen, Graffiti) bemerkbar macht. Sie geben Hinweise auf die Besetzung und Einnahme von Raum an, aber auch auf die der Fabrikproduktion « entrissene » Zeit, sie erinnern auch an die Höhlenmalerei, den Ursprung der heutigen Malerei, und bringen Figuren hervor, die den Industriestandards fremd sind.

Thierry Costesèque interessiert sich für urbane Randgebiete, Schilder und Werbebilder, die er erforscht, in Stücke zerlegt, ausschöpft bis zum Inneren ihrer Materialität (Strukturen und fotomechanische Raster, « verwaschene » Farben, groβe Weiβflächen). Seine Bilder rekonstruieren die Erinnerung an durchquerte und zurücktretende Räume, geben nichts Identifizierbares mehr, aber scheinen die Materialität der Bilder (und dadurch auch ihre Künstlichkeit und Oberflächlichkeit) ausroden zu wollen, die Substanz leeren, vernichteten Raumes. Aus dieser Drosselung des Blickes, dieser Verlangsamung einer Bilderfabrik, die geschaffen wurde, um unmittelbar und augenblicklich zu sein, resultieren zahlreiche Straten von Inschriften, Überlappungen, Verwischungen und Ausradierungen, deren Archäologie unbestimmt bleibt.

Die Vorgehensweisen dieser drei Künstler übernehmen (bzw. beanspruchen) ein Erbe von reflexiver und kritischer Praxen, die an die Sichtweise des Modernisme anknüpfen, wobei diese Standpunkte weit überschritten werden, um Elemente aus der Pop Kultur miteinzubeziehen, durch wachsende Produktion von Konsumgütern und Massenkulturindustrie gestalteter Kitsch. Diese Gedanken werden nicht einfach durch die Offensichtlichkeit der Bilderfabrik erschlossen, sondern bedürfen einer starken Inbetrachtnahme des spezifischen Raumes der Malerei und ihrer Geschichte.

Diese Infragestellung sowie kritische Annäherung wird auch deutlich durch die Evokation von jeglicher Herkunft oder Ziel abgekapselten Arbeitsstätten,; von Städten, die von Handelsvierteln dominiert und mit Zeichen und Symbolen von Überwachung und polizeilicher Unterdrückung assoziiert werden; an Werbebilder die ohne Wirkung bleiben, bereits verbraucht sind, ruiniert…

Diese Werke konfrontieren den Zeitabschnitt von Produktion, Stadt, Bild, einer permanenten und augenblicklichen Gegenwart, mit dem Zeitabschnitt, den Malerei auferlegt, ein erforderliches Verlangsamen gegenüber einer Flucht nach vorne vor Wegwerfbildern im Innern eines Austausch- und allgemeinem Konsumregimes-ein kurzer Moment, in dem der Blick still steht.

Cédric Loire Übersetzung: Anja Valero

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Market Gestures
Simon Bergala, Thierry Costeseque, Laurent Proux