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Der Oldenburger Kunstverein präsentiert vom 23.März an Installationen von Marco Lulic.

Der Künstler, der 1972 in Wien geboren wurde und in Kroatien und Wien aufwuchs, ist durch seine Projekte international bekannt geworden. Er verfolgt einen dezidiert politischen Ansatz in seinen Arbeiten, indem er sich für den Zusammenhang von Form und Ideologie interessiert. Er beschäftigt sich aktuell mit der Konstruktion von Geschichte und Ideologie im Raum, untersucht Denkmäler und Architekturen in Installationen und Skulpturen daraufhin, baut sie oft zu diesem Zweck nach.

Für den Oldenburger Kunstverein führt Marco Lulic als work in progress sein „Lulic House No. 1 (Weekende Utopia)“ fort. Das Gebäude des Kunstvereins aus den 1960er Jahren ist dabei integraler Teil der Installation.

Außerdem werden die beiden installativen Arbeiten „Disco Wilhelm Reich“ (1998/2007) und „Total Living“ (2005) von Marko Lulic zu sehen sein. Zum Ausstellungsprojekt gehört auch ein neues Video, das sich mit dem Thema Haus auseinandersetzt.

Edifice Complex

Marko Lulic, österreichischer Künstler, 1972 in Wien als Kind serbokroatischer Eltern geboren, wuchs im damaligen Jugoslawien und Österreich auf. Er lotet als Installationskünstler das Verhältnis zwischen Vergangenheit und aktueller Gegenwart, zwischen Ideologie und Gesellschaft aus und fragt nach dem Selbstverständnis von Öffentlichkeit und Gesellschaft. Er tut das provokativ, frech, ironisch und manchmal auch rücksichtslos. Dabei arbeitet er auch oft mit Text und Architekturverweisen. Doch lässt er sich nicht auf bestimmte Medien festlegen, sondern zitiert und kombiniert auch Film, Musik, Malerei, um immer wieder neue, unerwartete Bedeutungszusammenhänge zu schaffen.

Für den Oldenburger Kunstverein entwickelt Marko Lulic eine Installation, die sich auf der Grenzlinie zwischen Kunst und Architektur bewegt. Er führt sein work in progress “Lulic House No.1 (Weekend Utopia)” fort, das er 2005 für die Ausstellung “Tu Felix Austria – Wild at Heart” im Kunsthaus Bregenz schuf. Es ist eine Skulptur, die zugleich ein funktionales Haus ist. Für den Künstler geht es dabei um die Fortführung seiner Beschäftigung mit der Moderne. Die Arbeit ist ein konkreter Verweis auf das House No. 1 des schweizerisch-amerikanischen Architekten Albert Frey in Palm Springs von 1940. Nach der Oldenburger Ausstellung wird das Haus an der kroatischen Adriaküste aufgestellt werden und soll für ein Artist / Critic in residence-Programm genutzt werden.

Portrait Marko Lulic“Lulic House No.1 (Weekend Utopia)”nimmt in Oldenburg direkten Bezug zum Ausstellungsort: Der Kunstverein, in den 1960er Jahren gebaut, hat stilistische Ähnlichkeiten mit der kalifornischen Architektur der 1940er Jahre, auf die sich der Künstler mit “Lulic House No.1 (Weekend Utopia)” bezieht. So waren die Materialien Glas und Holz, das Spiel von Innen und Außen, das Hereinholen der Natur in den Raum in der kalifornischen Architektur jener Zeit ein Thema. Entsprechend war das „Außen“ des kleinen Atriums, das in den Oldenburger Ausstellungsraum eingelassene ist, für den Künstler Ausgangspunkt seiner Konzeption. Lulic legte, bildlich gesprochen, den Grundriss seines “Lulic House No.1 (Weekend Utopia)” über den Grundriss des Ausstellungsraumes. Die Grundfläche des Hauses entspricht ziemlich genau dem Hauptteil des Ausstellungsraumes, der durch das angehobene Flachdach in der Mitte des Raumes eine bühnenartige Wirkung hat. Der Künstler entschied, sein Haus hier in diesem Raum auszustellen, allerdings ohne es physisch wiederaufzubauen. Er stellt nur die Einbaumöbel des Hauses auf- und zwar so, dass sie den Grundriss markieren.

Mit den Themen Raum und Körper, beschäftigen sich auch die beiden installativen Arbeiten “Disco Wilhelm Reich”, 1998/2007 und “Total Living”, 2005.

Disco Wilhelm Reich wurde zum ersten Mal in Los Angeles, im Garten des Schindler House - MAK Center (Center for Art and Architecture) gezeigt. Das ehemalige Privathaus des österreichischen Architekten Rudolf M. Schindler (1887-1953) zählt zu den herausragendsten Beispielen moderner kalifornischer Architektur, mit der sich Lulic in den Jahren 1997/98 beschäftigt hat. “Disco Wilhelm Reich” ist die erste architekturähnliche Installation von Lulic und in gewisser Weise Vorstufe zu den späteren räumlichen Arbeiten, auch zum “Lulic House No.1 (Weekend Utopia)”. Die Arbeit “Disco Wilhelm Reich” bezieht sich auf den Sexologen und Psychoanlaytiker Wilhelm Reich und seine Orgonkiste - eine Apparatur, mit der die Heilung der Patienten zusätzlich zur Psychotherapie und Körpertherapie unterstützt werden sollte. Mit dem Bezug zu Wilhelm Reich und seinen Thesen etwa zur freien Energie und zur sexuellen Befreiung thematisiert die Installation einen Kontrast – lässt sich das Thema Haus doch auch mit Eigenheim und Kleinbürgertum in Verbindung bringen.

“Total Living” bezieht sich auf einen amerikanischen Werbeslogan aus den 1940er Jahren. Der Slogan wurde für eine Aluminium-Werbung entwickelt und lautete im Original: “After total war can come total living”. Die Industrieunternehmen in den USA stellten bereits während des Zweiten Weltkriegs Überlegen an, wie sie die Fabriken und technischen Errungenschaften, die für den Krieg entwickelt oder verbessert wurden, später nutzen könnte. Man wollte sie für die Herstellung von Fertigteilen für den (kostengünstigen) Hausbau einsetzen. Das herausragendste Beispiel aus architektonischer Sicht sind die Case Studies Häuser. “Total Living” verweist auf den Krieg als Ursprung der Materialien, die für die cleane moderne Architektur verwendet wurden und werden.

Marko Lulic zeigt im Oldenburger Kunstverein auch ein neues Video, das sich mit dem Thema Haus auseinandersetzt. Der Titel “Edifice Complex” bedeutete für ihn nicht nur „Gebäudekomplex“, sondern er sieht ihn auch als psychologischen Begriff für die Bauwut und den Wettstreit der Bauherren, die im kleinen und im Großen versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen, wenn es sein muss mit immer höheren Wolkenkratzern. Mit dem Titel macht sich Lulic aber auch selbstironisch auch über seinen eigenen Hang zum Bauen und zum Eigenheim lustig.

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