press release only in german

Die Galerie Nicola von Senger freut sich eine Ausstellung mit Werken von Martin Parr präsentieren zu können.

Parrs Interesse an der Photographie entwickelte sich früh. Von seinem Grossvater, selber ein begeisterter Amateurphotograph, wurde er schon als Knabe darin unterstützt. Nach einem Studium in Photographie an der Manchester Polytechnic von 1970-73, entwickelte sich Parr rasch zu einem der einflussreichsten Photographen unserer Zeit und wurde 1994 Mitglied von Magnum Photos. 2004 wurde Parr an der Universität von Wales zum Professor für Photographie berufen. Die bedeutende Retrospektive Martin Parr: Photographische Werke 1971-2000 wurde 2002 in der Barbican Gallery eröffnet und wird derzeit in der Maison Européenne de la Photographie in Paris gezeigt. Die Ausstellung in der Galerie Nicola von Senger umfasst Werke, die während mehrerer Reisen durch die Schweiz zwischen 1990 und 2003 entstanden.

Martin Parr ist vor allem für die brillanten Farben seiner Photographien und für die Dokumentation sozialen Verhaltens und des Massenkonsums bekannt (z.B. The Last Resort, Think of England). Im Massentourismus fand er paradiesische Zustände für das Verhökern der Kultur. Wie die beliebten Urlaubsorte in England, bieten die Alpen einen perfekten Hintergrund für die Auseinandersetzung mit kleinen Konsumorgien in einer geologisch äusserst attraktiven Umgebung im Schweizer Stil. In der Hälfte seiner Photographien der Schweiz finden wir erwartungsgemäss Skifahrer, Berge, Fahnen und ein Alphorn. Parr’s Sujets sind jedoch weniger die Stereotypen des Schweizerischen selbst als deren Effekte. Ein aufschlussreiches Beispiel ist ein Ansichtskartenständer, der vor der verschneiten Landschaft, die auf den Karten abgebildet ist, im Mittelpunkt steht. Mit Recht, so scheint es, denn die Ansichtskarten haben das glänzendere Himmelblau als der Horizont im Hintergrund. Die andere Hälfte der Photographien zeigt eine gegensätzliche Sichtweise der Schweiz: bürgerliche Auffahrten und Gärten, eine durch und durch graue Asphaltkomposition, ein karges Konferenzzimmer und eine Schaufensterauslage, die sowohl die Spuren eines liebevollen Versuchs ansprechender Gestaltung, als auch deren totale Erfolglosigkeit aufweisen. Für Schweizer und jene wie Parr, die das Land kennen, sind solche Bilder gleichzeitig komisch und herzzerreissend. Die natürliche Schönheit des Landes ist nicht mehr schweizerisch. Das Matterhorn wurde nicht nur im Disneyland nachgebaut, sondern ist selbst zu Disneyland geworden. Eine Nationalprägung scheint nur noch im Hässlichen, Störenden und unfreiwillig Komischen bewahrt. Doch, wie um uns zu trösten, hat Parr zufällige und leicht übersehbare Momente der Schönheit festgehalten, um eine Serie zu vervollständigen, die so entschieden Schweizerisch wie auch diejenige Parrs ist.

Gregor Staiger, Juli 2005

Pressetext

only in german

Martin Parr "Swissness"