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Studierende des Studiengangs "Kunst in öffentlichen Raum und neue künstlerische Strategien" hatten die Aufgabe, eine überschaubare Situation im öffentlichen Raum von Weimar auszuwählen und hierfür eine Intervention zu entwickeln. Nicht nur das Irritierende des unangekündigt Implantierten, sondern auch sein allmähliches oder plötzliches Erscheinen sowie dessen Rücknahme sollte bewußt gestaltet werden. Darüber hinaus sollten parallele Informationsstrategien und eine indoor-Präsentation erarbeitet werden. Da alle Interventions-Kontexte und -Zeiträume selbstgewählt sind und nicht der Prämisse fußfreundlicher "Rundgang"-Choreographie folgen mussten, sind einige der Arbeiten "nur" als dokumentierende Re-Präsentation präsent. Ob hier Formen gefunden wurden, die die Kunst im Kopf des Betrachters entstehen lassen können, wird jeder "Rundgang"-Besucher selbst entscheiden müssen.

Arten von Interventionen:

* EREIGNISSE Als Ereignis inszenierte, öffentliche Interventionen beziehen Entstehungs- und Beseitigungsvorgänge mit ein, sie werden entweder unmittelbar und offen oder verdeckt und anonym hervorgerufen. Ob und wie sie angekündigt werden, gehört in den künstlerischen Gestaltungsbereich. Die Ereignisse greifen in das Erscheinungsbild, in die Strukturzusammenhänge und in die Mechanismen des Alltagsgeschehens ein und lösen durch Art und Dauer ihrer Präsenz bei den Passanten und Anwohnern konstruktives Befremden aus.

* IMPLANTATE Als urbanes Implantat wird ein öffentlich installierter Fremdkörper bezeichnet, der durch seine Platzierung und Erscheinungsweise eine vorhandene Struktur oder ein öffentliches Environment in beabsichtigter Weise beeinflusst. Wechselwirkungen zwischen Implantat und Umgebung sind offensichtlich und modellhaft.

* ATTRIBUTIVES Als Attributives wird eine Hinzufügung, eine Wegnahme oder eine strukturelle Veränderung innerhalb einer exemplarisch ausgewählten Situation bezeichnet. Das Attributive bezieht sich auf die in einem Funktionszusammenhang befindlichen Objekte und Phänomene und kann sich zur weiteren Umgebung diffus verhalten. Der Modellcharakter kann an der veränderten Situation hermetisch abgelesen werden.

* VORGABEN Interventionistische Vorgaben sind Partizipationsmodelle und bieten öffentliche Handlungsoptionen in Verbindung mit entsprechend präparierten Gegenstands-Konstellationen, Gerätschaften oder Informationsstrukturen. Sie ermöglichen die Erfahrung bzw. Erzeugung und Mitteilung ästhetischer Vorgänge.

Ergebnisse:

Anemone - "Reisekoffer" Der Koffer bewegt sich von Halle, meiner Heimatstadt nach Kromsdorf, meiner Wahlheimat ohne meine Begleitung aber mit den besten Wünschen auf dem Weg des Vertrauens und der persönlichen Kontakte. Er soll nicht unbedingt auf dem schnellsten Weg zu mir zurück finden, er wird von Hand zu Hand wandern und sich allmählich mit all jenen Dingen, welche die Menschen ihm auf diesem Weg mitgeben füllen. Die Aktion startete am 20.6.2003 und ich habe zunächst zu warten, bis der Koffer wieder bei mir ist. Diese Aktion kreiert eine Informationskette gebildet von Menschen, die in Kontakt miteinander treten.

Beatrice Catanzaro - "Dreizehn Schilder" 13 polierte Messingschildchen sind an unterschiedlichen Stellen in Weimarer Vortsädten angebracht. Sie sind mit Texten graviert, die sich auf unterschiedliche Weise auf die Umgebung beziehen. Ein Müllcontainer, abgeholzte Bäume, Zäune. Es entsteht ein Dialog zwischen mir und den periphären Dingen.

Sylvie Boisseau - "Ohne Leerung - Zum Gedenken der nie abgeschickten Briefe" Ein Briefkasten aus Beton wird an der Ecke Hegelstraße/Steubenstraße angebracht. An genau diese Stelle hing bis vor kurzem einer der zentralen innerstädtischen gelben Briefkästen der Post. Der neue Briefkasten widmet sich all den Briefen, die, mit großer Leidenschaft geschrieben, dann aber doch nie abgeschickt wurden. Diese können jetzt in den Betonbriefkasten eingeworfen werden. Ein kleines Schild weist die Passanten und Nutzer auf diese neue Funktion hin. Der Briefkasten wird für ein Jahr an dieser Stelle hängen und später samt Inhalt im Museum für Ur- und Frühgeschichte, Weimar ausgestellt werden. Ort: Hegelstr./Steubenstr.

Julaporn Buakaow - "Nach Hause" Die Einsamkeit an der ich die erste Zeit meines Hier-Seins litt, ist ganz in meine Zeichnungen eingeflossen. Ich transferiere die Zeichnungen auf Hauswände in der Stadt, sozusagen als Spiegel der Befindlichkeit unserer Gesellschaft. Ich hoffe, meine Arbeit hat die dieselbe Kraft nach aussen zu wirken, wie sie nach innen auf mich selbst gewirkt hat. Eine Zeichnung wird real auf die Wand gezeichnet werden, die andere wird mittels Projektion übertragen und wird daher nur nachts zu sehen sein. Ort: Geschwister-Scholl-Str. 6 und weitere Flächen rings um die Uni.

Nine Budde - "Stadt als Beute, dafür Bunker" Mein Haus wird geschlossen; verrammelt und zugemauert. Hier endet das Leben. Schubertstr.12. Nachtaktion: ein Wohnhaus wird für eine Nacht geschlossen (ruiniert). Es bleibt offen, ob Spekulanten oder Autonome hier inszenieren. Es muß nur echt aussehen. Do, 3. Juli - Ort: Schubertstr.12 - Diese Intervention wurde von der Verwalterin des Hauses unterbunden, die bereits zugemauerten Kellerfenster mussten sofort freigeräumt werden.

Tricia Flanagan - "CONTACT ZONE - 'transculturation' " Eine Installation und Video-Projektion. Eine Serie von mehrsprachigen Texten wird - von außen sichtbar - auf acht in einer Reihe liegenden Fenster des fünften Stocks des Studentenheim am Jakobsplan projiziert. Die nächtliche Projektion der Texte steht in Beziehung zur Gegenwart und Unterschiedlichkeit seiner multikulturellen Bewohner. Diese sprachliche Bestandsaufnahme wurde für eine Nacht inszeniert um dann als Film in einer Dauerschleife im Kinoraum gezeigt zu werden. Ort: Kino Cine-Star, Schützengasse 14, geöffnet zu allen offiziellen Zeiten des Rundgangs.

Heike Jost -"ERLANGEN" Ein temporäres Büro wird für die Tage des Rundgangs in Weimar eingerichtet. Dort macht ERLANGEN Station. In dem Projekt geht es um Hinterfragung des traditionellen StadtBegriffs jenseits politischer, wirtschaftlicher oder geografischer Grenzen. Überall dort, wo Erlangen "gelebt" wird und sich einzelne Menschen Erlangen mehr als irgend einer anderen Stadt zugehörig fühlen, entsteht eine neues Erlangen. Ich möchte es suchen und mit bildnerischen Mitteln verdeutlichen. Ort: MFA-Räume hinter dem V-d-V.

Karo Kollwitz - "Das Floß" Kurz vor der Sternbrücke in der Ilmmitte liegt das 'Floß’. Darauf sind Sitzgelegenheiten, ein Tisch sowie auch eine Beleuchtung zu finden. Zu sehen vom Ilmufer und von der Sternbrücke aus, zu betreten nach Durchwaten des Flusses. Ort: Ilm, Sternbrücke

Jutta Roßgotterer - "SIM-Simphonie" Einladung zum mobil-phonetischen Konzertgenuss. Aufgeführt wird das kollaborative Stück 'Zeitgeber’. Hinweis: Handys dürfen angeschaltet bleiben, die aktivierte Weckfunktion läßt die 30 Handys nach kurzer Zeit des Wartens konzertähnlich tönen. Fr, 4.Juli, 22:00 Uhr - Ort: Keim, Schubertstr. 36

Jörg Schreiber - "Photo Point" Der Weimar-Besucher bekommt mit 'Point’ die Möglichkeit, besondere ausgewählte Fotomotive von kultureller sowie historischer Bedeutung von einem eigens dafür vorgesehenen Punkt aus zu fotografieren. Die dafür zu entrichtenden 10 Cent kommen der Restaurierung und Renovierung der Weimarer Sehenswürdigkeiten zu Gute. Ort: Theaterplatz

Pressetext

only in german

Mastermind
Installationen und Interventionen im Stadtraum Weimars
Gastprofessoren: Christian Hasucha / Katharina Hohmann

mit Sylvie Boisseau (Sylvie Boisseau & Frank Westermeyer), Julaporn Buakaow, Nine Budde, Beatrice Catanzaro, Tricia Flanagan, Heike Jost, Karo Kollwitz, Jutta Roßgotterer, Jörg Schreiber