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M. Burbidge/J. Straub - Patterns Why

Jaro Straub und Matthew Burbidge haben sehr unterschiedliche Arbeitsweisen. Der eine arbeitet Wochen, Monate und Jahre an ein und derselben Arbeit, seine Präzision treibt ihn in einen akribischen Zustand des Ausharrens, der andere produziert innerhalb kürzester Zeit etwas aus sich heraus; beide nutzen gefundene Objekte als Ausgangspunkt, aber ihre Herangehensweise weist sich als sehr verschieden aus. Während Straub mühelos wochenlang an einem Detail verweilen kann, schafft es Burbidge innerhalb kürzester Zeit, fast explosionsartig, seine Ideen darzustellen. Gerade diese Gegensätzlichkeit verbindet beide Künstler, denn in ihrer Unterschiedlichkeit ist es doch so, dass die Art des anderen neue Perspektiven auf den eigenen Arbeitsprozess öffnet und gerade das dadurch entstehende Spannungsfeld einen großen Aspekt ihres Zusammenspiels ausmacht. Ein Wesensmerkmal, welches sich hieraus darstellen lässt, ist die Grenze der Autorenschaft, die Frage nach der Eindeutigkeit einer Signatur.

In der Galerie Spesshardt & Klein haben Straub und Burbidge eine Form gefunden, ihre Arbeiten in einen fließenden Übergang zueinander zu stellen. Sie kommunizieren miteinander, leben voneinander. In der Kommunikation zwischen den Werken liegt eine Intelligenz und Nachdenklichkeit, die gleichzeitig durch Absurdität und Humor wieder aufgehoben zu werden scheint. Das Spiel, welches Straub und Burbidge im Betrachten der Werke möglich machen, ist ein Spiel der Gegensätze, der Spannungen, das einzig und allein durch den Betrachter in ein Gleichgewicht gebracht werden kann. Und doch nur durch ihn gebrochen wird. Er wird von den Arbeiten eingeladen und auf der anderen Seite hinausgeworfen, kann sich einfinden und muss sich damit abfinden, dass er sich schon wieder daneben und nicht mittendrin befindet.

Ausgangspunkt für ihre Zusammenarbeit in der Galerie Spesshardt & Klein bildet Nietzsches Werk Die Geburt der Tragödie. Die zwei wesentlichen Merkmale, die Straub und Burbidge an seinem Werk interessieren, sind die Gegensätze, die Nietzsche beschreibt: das Apollinische und das Dyonisische. Das Skulpturale, Architektonische, Harmonische, in sich Vollkommene, Rationale und das Zerstörerische, Zerfließende, Formlose oder schwer zu formende, den Rausch. Diese zwei so unterschiedlichen Merkmale finden sich beide in den Arbeiten wieder, das im Raum Form findende, architektonische und skulpturale und gleichzeitig werden genau diese Elemente wieder durchbrochen, weil der Brunnen ausläuft oder weil der Sockel von Absenz gekennzeichnet, eine Leerstelle verzeichnend, in Bewegung geraten ist und tanzt. Sieht man sich den Sockel genauer an, dann findet man ein Schild mit der Aufschrift Edgar Degas Tänzerin, sie ist gegangen, aber der Sockel verweist weiterhin auf sie, sogar so stark, dass er selber zum Tänzer, zum mechanisch beweglichen Objekt geworden ist. Die Ironie, die sich dahinter verbirgt, steht im Zeichen des Humors, des Absurden und doch ist dabei eine Ernsthaftigkeit sichtbar, die immer wieder in den Arbeiten beider Künstler auftaucht: Der Verweis auf das Gewesene, das nicht mehr Sichtbare und doch so deutlich zu Spürende, eigentlich immer noch Vorhandene, eben ein Hauch oder ein Geruch, etwas, das noch da zu sein scheint. Wieder liegt es im Betrachter, ob er verweilt und den leichten Hauch des Da-Gewesenen spürt und in sich aufnimmt. Handelt es sich tatsächlich um eine Tragödie oder befinden wir uns vielmehr in einer Komödie, einem Spiel von Möglichkeiten, die unsere eigenste Phantasie anzuregen vermag? Das Tragische ist, dass der Betrachter immer wieder mit sich selber konfrontiert wird, sei es in den unendlich vielen Spiegelflächen, dem Wasserspiel der Brunnen, deren Kreislauf gebrochen wird, weil das Wasser daneben geht oder den zahlreich auftauchenden Bewegungen: Bewegung durch Ton, Bewegung durch Wasser, Bewegung durch den Betrachter, Bewegung in den Objekten selber. Die Perspektive ändert sich ständig, gibt es eine eindeutige Antwort, die diese Ausstellung dem Betrachter mitgibt?

“Patterns why” ist die Antwort, die Matthew Burbidge und Jaro Straub auf die von Morton Feldman gestellte Frage „Why Patterns?” geben.

Die Antwort hält, selbst als Frage formuliert, zahlreiche Antworten bereit, genau wie die verschiedenen Perspektiven, die wir als Betrachter in Bezug auf diese Ausstellung einnehmen können. Dabei dreht sie das Verhältnis zwischen Fragendem und Befragtem um. Wer fragt hier eigentlich wen etwas? Gibt es nur eine mögliche Antwort auf eine Frage? Ist es nicht vielmehr so, dass Fragen, je nachdem, an wen sie gestellt sind, auch unterschiedliche Antworten ermöglichen? Die Frage nach dem Raster ist eine zentrale Frage nach der Perspektive, aus der wir Fragen stellen oder Antworten erwarten. Es ist aber auch eine Frage nach der Gültigkeit von Rastern oder Systemen. Matthew Burbidge und Jaro Straub drehen die Frage um, wodurch die Frage nicht ihre Bedeutung als solche verliert, sondern im Gegenteil die Frage re-aktualisiert und sowohl als Antwort auf die Vergangenheit aber auch als Frage an die Zukunft rekonstruiert wird.

Text: Silke Ballath

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Matthew Burbidge / Jaro Straub