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„Lota“ ist Matti Brauns dritte Einzelausstellung bei Esther Schipper. Im Hauptraum der Galerie herrscht zunächst eine Atmosphäre strenger Nüchternheit. Zwei Stoffbahnen spannen sich von der Decke bis zum Boden und ihre großflächigen geometrischen Muster in reduziertem Schwarz-Weiß bestehen aus Längsstreifen beziehungsweise Dreiecken. Bei näherem Hinsehen jedoch erweist sich, dass die beiden Muster keineswegs regelmäßig sind, so variiert etwa die Breite der einzelnen Streifen. Ein gewisser Grad beabsichtigter Unvollkommenheit äußert sich auch an der kleinen, freistehenden Wand aus Stahlbeton, dem einzigen dreidimensionalen Objekt im Ausstellungsraum, deren Sägezahnform mit den Stoffmustern korrespondiert.

Braun scheut vor einer direkten, illustrierenden Umsetzung der historischen Quellen, die in sein Werk einfließen, zurück; seine Arbeiten sprechen den Betrachter mit klaren und bisweilen auch abstrakten Formen an. Die einem Werk zugrunde liegenden Motive – das kann die Biographie einer außergewöhnlichen Persönlichkeit oder auch ein besonderer Fall kultureller Verschiebung sein – weichen im Laufe des Schaffensprozesses zunehmend in den Hintergrund und werden mit anderen Gedankensträngen verknüpft, und die Arbeit erreicht so ihre autonome Form. Oft spürt er jenen Wandlungen nach, die aus einem Aufeinandertreffen von Traditionen resultieren, die eigentlich nicht kompatibel scheinen.

Die Spannung zwischen industrieller wie auch handwerklicher Fertigung, die sich an den Textilien entzündet, setzt sich im angrenzenden Ausstellungsraum fort, wo einige handgeblasene, kugelförmige Glasobjekte zu sehen sind. Zusätzlich wird eine Serie von Fotografien präsentiert, die die jüngste Aufführung von Brauns Theaterstück „The Alien“ dokumentieren. Es beruht auf einem Skript des indischen Regisseurs Satyajit Ray aus dem Jahre 1967 und erzählt die Geschichte eines Außerirdischen, der mit seinem Raumschiff in einem Lotusteich nahe eines kleinen Dorfes in Bengalen abstürzt. Der Fremdling sorgt für beträchtliche Wirrsal in der kleinen Gemeinde – ein Stück über jene Konflikte, die aus einer erzwungenen Abwandlung traditioneller Lebensweisen resultieren. „The Alien“ wurde erstmals 2005 am Project Art Centre in Dublin gezeigt; für jede weitere Aufführung, so in Leiden, Bonn und London, wurden die Rollen neu besetzt und der Text in die jeweilige Landessprache übersetzt. Die Fotografien zeigen Ansichten des Bühnenbilds mit seinem schwarz-weißen Streifenmuster und den großen bedruckten, symmetrisch arrangierten Behängen, ähnlich den Textilien im Hauptraum der Galerie. Dennoch bleibt es dem Betrachter überlassen, sich zwischen den einzelnen Elementen der Ausstellung konzeptuelle Verweise zu erschließen.

Die Ausstellung begleitet ein von Braun entworfenes Poster, auf dem das Gebäude der National Design University in Ahmedabad zu sehen ist. Braun arbeitet häufig mit dem Format des Posters, das weniger Beiwerk denn einen integrativen Teil seiner Ausstellungen bildet. Wenn Sie weitere Informationen oder Bildmaterial benötigen, wenden Sie sich bitte an die Galerie.

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Matti Braun
LOTA