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Im Osnabrücker Felix-Nussbaum-Haus werden lange verschollene, handkolorierte Einzelblätter zur Apokalypse von Max Beckmann vom 16. Oktober bis 8. Januar präsentiert.

1937 suchte Max Beckmann, in Deutschland als „entarteter Künstler“ mit Berufsverbot belegt, im Amsterdamer Exil Zuflucht vor der Verfolgung durch die nationalsozialistische Kunstpolitik. Dort kann er nach der deutschen Besetzung der Niederlande im Mai 1940 nur noch im Verborgenen zeichnen und malen. 1941 schuf er hier einen grafischen Zyklus zur Johannesapokalypse. Kunstliebhaber aus dem liberalen Frankfurter Bürgertum hatten in mutiger Missachtung der NS-Kulturpolitik den Künstler für dieses Projekt gewonnen.

Beckmanns erste Entwürfe - 27 Einzelblätter zu verschiedenen Szenen des biblischen Textes - wurden auf geheimen Wegen nach Frankfurt transportiert und dort lithografisch reproduziert. Ein Satz dieser gedruckten Illustrationen wurde von Beckmann in Amsterdam mit Aquarellfarbe koloriert und diente als Vorlage für die von verschiedenen Zeichnern ausgeführte farbliche Fassung der weiteren Lithographien. Diese lange verschollenen Beckmann’schen Originalblätter, die eine Vision seiner eigenen grauenvollen Wirklichkeit evozieren, sind erst vor kurzer Zeit aufgetaucht und konnten von einem Frankfurter Sammler erworben werden. Im Felix-Nussbaum-Haus sind sie nun zu sehen.

Während die Apokalypse im biblischen Sinne mit der Niederlage des Antichristen und dem Triumph des Erwählten eine letzte Seligkeit verheißt - in diesem Sinne entwickelt sich in der mittelalterlichen Bildwelt die konzentrierte Form der Apokalypse-Ikonographie - erreicht die im Laufe der Zeit zunehmende Säkularisierung des Themas im 20. Jahrhundert einen Höhepunkt. Die Verwendung des Begriffs Apokalypse richtet sich nun eher hoffnungslos auf die Zerstörung allen Lebens und auf das Ende aller Zeiten. Die Schreckensvisionen zweier Weltkriege finden hier ihren Niederschlag und führen zu einer Fülle von künstlerischen Auseinandersetzungen. In diesem Zusammenhang ist auch die Apokalypse Beckmanns zu sehen.

Wie eng diese von Beckmann so genannte „Apo“ mit seinen eigenen Erfahrungen zusammenhängt, belegt die Bemerkung am Ende der Mappe: „ im vierten jahr des zweiten weltkrieges, als gesichte des apokalytischen sehers grauenvolle wirklichkeit wurden, ist dieser druck entstanden.“

Die Bildersprache der Apokalypse Beckmanns ist eher mit der Bildersprache von Träumen als mit der ikonographischen Tradition beispielsweise der Holzschnittfolge Dürers zu vergleichen. Beckmanns Auseinandersetzung mit Dürers Grafiken lässt sich konkret nur an zwei Blättern nachweisen. Es ist vielmehr die Formenwelt und die häufig wiederkehrende eigene Symbolsprache von Beckmanns Gesamtwerk, die sich in den Arbeiten findet. Gehalt und Form der Apokalypse, die als Auftragsarbeit lange nicht die ihr zustehende Beachtung erlangte, stehen insofern in ihrer Intensität anderen Werken des Künstlers in nichts nach.

Die Ausstellung bildet im Felix-Nussbaum-Haus eine Klammer zwischen der Dauerausstellung zum Werk Felix Nussbaums, in der die Ängste und die Verzweiflung eines von der Shoah betroffenen Künstlers im letzten Bild des Malers von 1944 in einer apokalyptischen Vision kulminieren, und den Bildern des ebenfalls im Amsterdamer Exil ausharrenden, mit Beckmann befreundeten Malers Friedrich Vordemberge-Gildewart. Die gegenstandslosen Werke Vordemberge-Gildewarts, die in der gleichen Zeit wie Beckmanns Apokalypse entstanden, wurden als „reine Eilande in der grauenhaften Wirrnis der Zeit“ beschrieben. Es können somit drei unterschiedliche Positionen von exilierten Malern gegenübergestellt werden, die die existenzielle Auseinandersetzung mit den Erfahrungen von Krieg und Verfolgung thematisieren und einen Eindruck von der Bandbreite der künstlerischen Möglichkeiten vermitteln.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

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Max Beckmann: Apokalypse