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Max Müller (*1963) ist ein vielseitig begabtes Talent und arbeitet als Zeichner, Musiker und Schriftsteller. Ursprung und Schwerpunkt seiner künstlerischen Tätigkeit ist die Musik; seine Songtexte und Illustrationen für CD-Cover, -Booklets und Plakate bilden von dort aus die Querverbindung zu den beiden Nachbardisziplinen. In den 80er Jahren ist er mit den Bands Honkas und der Tödlichen Doris Teil der Punkbewegung. Er gründet anschließend Camping Sex und im Jahre 1996 die bis heute existierende Gruppe Mutter. Seit 1989 arbeitet Müller auch als Solist. Darüber hinaus komponierte er Musik zu den Filmen von Jörg Buttgereit. Die Galeriebesucher werden Gelegenheit haben, diesen Gesamtkontext während der Ausstellungslaufzeit im Rahmen eines einstündigen Konzerts am 14. September zu erleben.

Die aus dem Zeitraum 1982 bis 2007 datierenden Zeichnungen sind überwiegend kleinformatig (A5 – A4) und mit Filzstift, Bleistift und Tusche angefertigt. Einige der Motive hat der Künstler in diesem Jahr auf Blätter mit den Maßen 70 x 50 cm übertragen. Max Müller ist Autodidakt und arbeitet sehr unorthodox und stilistisch so unterschiedlich, dass die Arbeiten teilweise fast von verschiedenen Urhebern stammen könnten. Existieren auf der einen Seite Blätter mit sehr differenziert angelegten Binnenstrukturen, die einzelne Züge eines Gesichts akzentuiert herausmodellieren, stehen diesen auf der anderen Seite sehr rasch und flüssig gesetzte Skizzen gegenüber, die fast nur aus Konturen zu bestehen scheinen.

Nicht nur der Duktus der Zeichnungen lässt sie so heterogen erscheinen, sondern auch die verschiedenen Stile, mit denen er seine Themen bearbeitet: Ein schwarzes Paar nach Art eines wuchernden expressionistischen Holzschnitts, die distanzierte, fast photographische Wiedergabe eines Hochhausensembles inmitten von Explosionswolken, Revolverhelden aus Groschenromanen, ebenso klischeehaft wiedergegeben, und die ornamentale, graphisch klar gegliederte Pop-Illustration einer sitzenden Frau mit charmant präsentiertem Gewehr in den Händen. Müller hält Typen, die über ihre Pose definiert werden – Schminkposen, Trinkposen, Rauchposen, Mörderposen, Künstlerposen – ebenso fest wie individuelle Figuren. Das Gros seiner Darstellungen sind Porträts bzw. Bildnisse. Eher selten geht es dabei um eine objektive Wiedergabe der (fiktiven) Personen. Meist sieht sich der Betrachter verzerrten Grimassen und Fratzen gegenüber, Gesichtern mit 'verrutschten' Zügen, Karikaturen des realen Lebens, dann wieder tauchen überraschend zarte, poetische, fast kitschige Schöpfungen auf wie etwa das Profil einer Frau, deren Mund auf den Schnabel eines Kolibris zum exotischen Kuss trifft.

Max Müller arbeitet häufig mit vorgefundenem Photomaterial, und Ausgangspunkt seines Werkes ist die Gebrauchsgraphik bzw. Illustration. Wiederholt bezieht er sich in seinen Zeichnungen auf prominente Persönlichkeiten: Politiker, Stars, Societygrößen aller Art. Als weitere Leitmotive lassen sich entdecken: der Gangstermythos der 30er/40er Jahre, der Horrorfilm, Yellow-Press-Surrogate, Popmotive, Phantasy-Comics. Intention ist weniger die individuelle Autorenschaft als vielmehr ein Ineinanderblenden vorgefundener Handschriften, Stile und Zitate zu einem Konglomerat des immer schon Vermittelten. Durchaus brüchig und trashig wirkt das Ganze, und es erinnert immer wieder an die Ästhetik der Subkultur-Fanzines.

Max Müllers authentischer Blick auf unsere alltägliche und besondere Gegenwart ist demaskierend und illusionslos, aber auch voller Melancholie und Gebrochenheit. Seine stärksten Zeichnungen sind die, auf denen ihm das Einfangen eines ganz spezifischen Ausdrucks, eines Gefühls treffender und genauer gelingt, als man es mit Worten artikulieren könnte.

Ähnlich wie in den Liedtexten von Mutter und auch seinen 2000 erstmals veröffentlichten Kurzgeschichten spielen Topoi wie Schönheit – Grausamkeit – Zweisamkeit – Heimat die Hauptrolle, vielfach gebrochen durch die Facetten Larmoyanz, Sentimentalität, dandyhafter Attitüde, Baudelaireschem Weltekel, schmerzhaft insistierender Selbstbefragung und groteskem Humor.

Gabriele Wurzel

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Max Müller
Der Mensch ist eine traurige Maschine