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Zur Eröffnung am Donnerstag, den 14. April 2016 um 19.00 Uhr laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein.
Der Künstler ist anwesend.

MAX NEUMANN - Arbeiten auf Leinwand und Papier

Max Neumann, 1949 in Saarbrücken geboren, studierte bildende Künste in Saarbrücken, Karlsruhe und in Berlin. Sein Durchbruch gelang ihm in der Berliner Kunstszene Ende der 1970er Jahre. Auch außerhalb Deutschlands stößt sein Werk auf Interesse – davon zeugen zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in diversen Ländern, wie etwa in Frankreich, Spanien, Italien, in den USA oder in Japan.

Max Neumanns Bilder zeichnet eine mystische und zugleich kontemplative Grundstimmung aus. Sehr bewusst gibt Neumann seinen Bildern selten einen Titel: Nichts soll dem Betrachter als Vorlage für eine mögliche Interpretation dienen. Die auf den ersten Blick figurativen Bilder – deren Motiv-Repertoire aus bestimmten Formen, Figuren und Dingen, sich in seinem Gesamtwerk stets wiederholt – entziehen sich jedoch bei einer näheren Betrachtung einer "narrativen Bedeutung"(1). Charakteristisch für seine Arbeiten sind dabei vor allem seine anonymisierten, wie Schattenspiele wirkenden Menschen und Köpfe – oft ohne Nase, Augen oder Mund – wie sie in unserer Ausstellung in verschiedenen Versionen zu sehen sind. Dieses 'Dunkle', das Neumanns Bilder ausmacht, wird jedoch weniger durch den Inhalt oder deren Sinn(gehalt) evoziert, sondern vielmehr durch das "WIE"(2), das heißt durch die Technik, die Form und die Komposition der Bilder.

Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die Wahl der meist gedeckten Farben: Schwarz, Beige, Ocker, Braun, Grau, oft ein dunkles, aggressives Rot und manchmal ein stumpfes Grün. Insbesondere das Schwarz ist in fast allen seinen Werken präsent. Ein "tiefes und üppiges Schwarz, unverständlich und beruhigend zugleich. […] Versteht man die Schwärze richtig, so erfasst man sehr viel leichter die Ambiguität eines Universums, in dem in der Zärtlichkeit Kraft steckt, in der Angst ein Lachen, in der Düsternis Poesie."(3) In seinen neueren Arbeiten mischt sich unter diese Schwerfälligkeit eine ausgleichende Leichtigkeit, die sich insbesondere durch die Wahl der Farben und des Farbauftrages kenntlich macht. Hier finden wir z.B. ein helles Blau, leichtes Rosa, helle Grüntöne, Flieder oder ein blasses Gelb – allesamt nahezu transparent aufgetragen. Sie stehen im Kontrast zu den noch immer präsenten und dominierenden dunklen Tönen, die eine melancholische Stimmung auslösen.

Bestimmend für die Wirkung seiner Bilder ist zudem der gewählte Bildaufbau, in dem die Zuordnung der Farbflächen, Figuren und Formen zueinander ein Gleichgewicht erzeugen. Max Neumann tastet sich im Schaffensprozess zunächst völlig unbedarft an die Leinwand ran; er lässt sich von der wässrig aufgetragenen Farbe leiten und die Hand ihren Weg finden. Erst wenn eine erste klare Linie zu erkennen ist, setzt der intellektuelle und bewusste Prozess ein, der zu jenem Gleichgewicht führt.(4) Diese Ausgewogenheit in der Komposition steht im Kontrast zu der Unruhe in der Oberfläche, die zuweilen partiell schraffiert oder gerastert ist.

Durch diese Gegensätze in Form, Farbe, Bildaufbau und Oberflächengestaltung wirken die Bilder oft ambivalent, zugleich ruhig und unruhig, zart und kräftig. In dieser Schwierigkeit, sie zu ‚fassen’, sie zu interpretieren, liegt eben auch ihr Reiz und ihre Stärke, denn wie Joachim Sartorius konstatiert, werden sie zu "inneren Orten"(5), in denen jeder Betrachter durch seine eigene Deutung sein eigenes Ich wiedererkennt. In diesem 'WIE' steckt aber eben auch die Tiefe, das Intellektuelle, die Dichtung und die Musik, die Max Neumann in sich aufgesogen hat und in seinen Bildern verarbeitet, und die seinen Werken dieses spürbare Kontemplative geben.

Die Ausstellung zeigt insgesamt ca. 25 Arbeiten auf Leinwand und Papier, überwiegend aus den letzten Jahren. Einige frühere Arbeiten aus den Jahren 2004-2005 machen die oben beschriebene Entwicklung der Farbgestaltung deutlich. Und auch Neumanns Intention, seinen Bildern jegliche Interpretationsgrundlage zu entziehen, wird in dieser Ausstellung eingelöst: Keine der hier gezeigten Werke haben Titel. Sie laden dazu ein, in sie einzutauchen und mit ihnen in einen Dialog zu treten.

(1), (2), (3) (4) Heinz Peter Schwerfel: "Max und die Seelenwanderer", in: Carnets de Voyage, "Max Neumann, Peintures et gravures", Maeght Editeur, Paris 1995; zu (2) vgl. auch Joachim Sartorius, "Engführung, Intensität - Zu neuen Werken von Max Neumann", in: catalogue "Max Neumann - Peintures et Dessins", Musée dŽIxelles, Brussels 2004 (5) Sartorius, Joachim: "Die inneren Orte des Max Neumann", in: Ausstellungskatalog "Max Neumann" der Fundación Antonio Pérez / Diputación de Cuenca, Cuenca 2010