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In der programmatisch betitelten Ausstellung „Genome Imaging“ in der Galerie white8 beschäftigt sich Melitta Moschik mit der Visualisierung von Genomen, dem menschlichen Erbgut. Dabei greift sie auf bekannte Darstellungsweisen der Genexpressionsanalyse zurück, einer bioinformatischen Methode zur vergleichenden Untersuchung der Aktivität von Genen. Neben den statischen Digitaldrucken auf Dibond Aluminiumverbundplatten veranschaulicht ein LED-Monitor durch sich verändernde Farbmuster auf dynamische Weise den unendlichen Variantenreichtum möglicher Genom-Punktraster. Auseinandersetzungen mit Genomen finden sich schon bei Richard Kriesche; während er 2004 in der Arbeit „Art_Chip“ seinen eigenen genetischen Code visualisierte, löst Moschik, wie die in steter Wandlung begriffenen Muster auf dem LED-Monitor zeigen, die Individualität einzelner Menschen in der Anonymität der Masse auf.

„Die Schönheit/Information liegt im Auge des Betrachters/Genetikers“, meint die Künstlerin und verweist damit auf die inhärente Spannung ihrer quadratischen Genom-Darstellungen zwischen der spezifischen, im Bild enthaltenen Aussage für den Wissenschafter und der abstrakt-ästhetischen Qualität für den Galeriebesucher, die erst im Kunstkontext sichtbar in den Vordergrund gerückt wird. Der wissenschaftliche Informationsgehalt von Genexpressionsdaten wird in erster Linie über einen Farbcode transportiert, wobei die Farben Rot und Grün als Extrem-, Gelb als Mittel- und die übrigen Mischfarben als Zwischenwerte zu beurteilen sind. Moschik setzt jedoch die Punktraster nicht ausschließlich in Farbe, sondern auch in schwarz-weiß um, wodurch die Visualisierungen ihrer ursprünglichen Bestimmung gänzlich enthoben und auf ihre Ästhetik reduziert werden.

Die gebürtige Kärntnerin spezialisiert sich als gelernte Mathematikerin und Physikerin auf interdisziplinäre Projekte, die Kunst, Wissenschaft und Technik miteinander verbinden. Im Zentrum ihrer Arbeiten stehen dabei oftmals visuelle Codes, die sowohl für die alltägliche Kommunikation als auch im Wissenschaftsbereich von weittragender Bedeutung sind. Die Faszination am biologischen Code der menschlichen DNA liegt in seiner Funktion als „Bauplan“ des Menschen begründet, weshalb dessen Entschlüsselung als Einblick in das Geheimnis unserer Existenz angesehen werden kann. Auf dieser Bedeutungsebene erhalten Moschiks Genom-Visualisierungen eine geradezu metaphysische Qualität. Dabei weist die Künstlerin, deren Arbeiten immer wieder um das „Pattern of Life“, so der Titel einer früheren Arbeit, kreisen, paradoxerweise besonders durch ihre Annäherungen auf die Unmöglichkeit hin, dem menschlichen Lebensmuster habhaft zu werden.

Kaspar Mühlemann, 2012