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Annähernd 80 Fotoporträts von Michael Schmidt, einem der wichtigsten zeitgenössischen Lichtbildner "Gesamtdeutschlands", werden im Kunstverein zu sehen sein. Nach seinem letzten großen Fotoprojekt EIN-HEIT, Schmidts Beschreibung der sozialen Wirklichkeit im geeinten "Deutschland", das 1995 im Museum of Modern Art in New York vorgestellt wurde, hat sein Zyklus FRAUEN nun in Düsseldorf seine Weltpremiere.

Schmidt wird 1945 in Westberlin geboren, wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, dessen Folgen Deutschland und Europa in zwei gegensätzliche Gesellschaftsformen trennt. So ist auch seine Biographie eng mit der seiner Heimatstadt verknüpft. Als Berlin im Jahre 1961 in einen Ost- und einen Westteil aufgeteilt wird, ist Schmidt 16 Jahre alt. Er zieht in den Westteil der Stadt, beginnt nach einer Handwerkslehre und dem Eintritt in den Polizeidienst, 1965 zu fotografieren.

Fraglos biographisch begründet ist das Umfeld, in dem Michael Schmidt seine Motive findet: Menschen der geteilten Großstadt, ihre Lebenssituation, ihre soziale Sphäre sowie die Stadt selbst; ein sich stetig verändernder Lebensraum im zeitgeschichtlichen und gesellschaftlichen Zusammen-hang. Schmidts Arbeits- und Sichtweise, der nüchtern-sachliche Blick, las-sen sich unmittelbar aus der Tradition der amerikanischen Dokumentarfotografie herleiten.

Mitte der achtziger Jahre entsteht die 48teilige Werkreihe WAFFENRUHE. In diesen 1987 veröffentlichten Fotografien gibt Schmidt die "spröde" Zurückhaltung auf, die seine früher entstandenen Aufnahmen kennzeichnet. Indem er sein Blickfeld nun radikal eingrenzt, vertieft er die symbolische Wirkung und die emotionale Aussagekraft dieser Bilder um ein Vielfaches. WAFFENRUHE dokumentiert das über dem geteilten Berlin lastende Schweigen. Die Collage aus Schwarzweißaufnahmen vermittelt in nüch-terner Bildsprache Eindrücke vom Leben und Lebensgefühl zwischen den Fronten des Kalten Krieges. Obwohl die Berliner Mauer nur in einigen we-nigen Aufnahmen erscheint, ist ihre Gegenwart doch in allen Motiven zu spüren. Auch noch nach 1989, dem Jahr der Maueröffnung, bleibt der Riß in der Gesellschaft, den Schmidt in seinen Fotografien wachruft, gegenwärtig. Damit sind diese – wie auch alle anderen Bilder Schmidts – auf Dauer gültige Dokumente von Gegenwart und Geschichte.

Sein bekanntestes Projekt, EIN-HEIT, schließt Michael Schmidt Ende 1995 ab. Zunächst nur als Buchprojekt konzipiert, startet es schließlich als Aus-stellung im Museum of Modern Art, New York. Der deutschen Öffentlichkeit vorgestellt wird die 163 unbetitelte Einzelaufnahmen umfassende Rei-he anschließend in Hannover und Dresden, und jetzt auch in Düsseldorf. Der Titel EIN-HEIT verweist auf das letzte einschneidende Datum deutscher Geschichte, den "Fall der Mauer". Auch dies belegt den Blick eines Künstlers, der in seiner Fotografie nicht trennt zwischen dem subjektiven Blick des Betroffenen und der objektivierten Sicht auf die konfliktvolle Si-tuation einer Stadt, die wie keine andere stellvertretend für Deutschland steht. EIN-HEIT zeichnet sich durch die Verknüpfung persönlicher und kollektiver Erinnerungen – ohne Rücksicht auf Ost- oder West – aus: Momentaufnahmen als dokumentarische Zustandsbeschreibungen, in denen sich Unbehagen und Schweigen manifestieren.

In seinem aktuellen, in den Jahren 1997 bis 1999 entstandenen Projekt, FRAUEN, porträtiert Schmidt eine Gruppe der heute 14 bis 30 Jährigen. Mit diesem Projekt liefert er seine subjektive Bestandsaufnahme der Ge-neration junger Frauen Deutschlands, die in Kürze antreten werden, ge-sellschaftliche Verantwortung in der "Berliner" Republik zu tragen. Beson-ders hierbei läßt sich, so Schmidt, anhand des Äußeren der Porträtierten die rasante Entwicklung der letzten Jahre ablesen hin zu einem Selbst-bewußtsein, das von der Gewißheit um zukünftige gesellschaftliche Relevanz getragen wird. Diese Fotoserie umfaßt 70 bis 80 Lichtbilder. Sie wird im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf ihre Welt-premiere als Gesamtschau haben und von hier aus zu einer Welttournee starten. Gleich den Werkreihen EIN-HEIT und WAFFENRUHE belegen nun FRAUEN das Bestreben des Fotografen, den dokumentarischen Blick mit einer subjektiven Wahrnehmung zu verknüpfen, eine Ebene zu finden, "um über das rein zeitliche hinauszugehen". (Michael Schmidt).

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Michael Schmidt - Frauen