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Im Oktober zeigt Halle für Kunst eV in der Ausstellung „Utopie Black Square 2001ff“ ca. 100 Arbeiten des Düsseldorfer Künstlers Mischa Kuball, von dem in Lüneburg bereits in 2000 die Installation „Urban Context“ zu sehen war. Das derzeitige Projekt entstand in Zusammenarbeit mit der Ruhr-Universität Bochum und dem Deutschen Künstlerbund eV und wurde zuvor variiert in Berlin (Projektraum Rosenthaler), Düsseldorf (Museum Kunst Palast), Bochum (Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum) und Moskau (Tretjakov Galerie) präsentiert. In Lüneburg werden großformatige Arbeiten Kuballs in den Räumen der Halle für Kunst eV gezeigt, während kleinere Fotografien sich in verschiedenen privaten und öffentlichen Gebäuden rhizomartig über die Stadt verteilen.

Die gezeigten Arbeiten spiegeln Kuballs Auseinandersetzung mit den Utopien des Suprematismus wieder. Er benutzt dabei das Medium der Fotografie und nimmt Bezug auf die Ausstellung „Die Große Utopie“, die 1992 in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt stattgefunden hat. Er reproduziert den Ausstellungskatalog der Frankfurter Ausstellung und bezieht dabei seine eigenen blätternden Hände mit ein. Die einzelnen Fotografien werden durch ein schwarzes Quadrat gerahmt. Doch was bedeuten die Begriffe „Suprematismus“ und das „Schwarze Quadrat“, die schlagwortartig mit dem russischen Künstler Kasimir Malewitsch (1878-1935) in Verbindung gebracht werden? Kurz gefasst ist die zwischen 1915 und 1932 von Malewitsch entwickelte Kunstform Suprematismus die nicht steigerbare, absolute Abstraktion malerischer Formen und Malewitschs Gemälde „Das Schwarze Quadrat“ die konsequenteste Verwirklichung dieser Kunstauffassung. Kasimir Malewitschs Kunst der „reinen Form“ strebte nach einer allgemeinen Verständlichkeit, unabhängig von der kulturellen oder ethnischen Zugehörigkeit des jeweiligen Betrachters. Mit Hilfe von Farben hat er in einigen Bildern die dynamische Bewegung der verschiedenen geometrischen Formen in einem imaginären Raum suggeriert. Wie seine Zeitgenossen Piet Mondrian und Wassily Kandinsky entwarf Malewitsch seine künstlerische Utopie als säkulares Gegenstück zur religiösen Malerei. Ihr Ziel war es, die in Russland allgegenwärtige Ikone neu zu erschaffen und den Betrachter auf eine höhere Bewusstseinsebene zu führen. Nach 1918 war der Suprematismus anerkannte Revolutionskunst, doch in den späten 20er Jahren geriet diese Kunstform vor allem durch Künstler, die weiterhin realistisch malten unter Druck, denn in dieser Kunst, die alles vorherige negierte konnte es keine Weiterentwicklung geben. 1932 wurde in der Sowjetunion die suprematistische Bewegung sogar verboten und der Sowjetische Realismus zur „Staatskunst“ erklärt.

Kuball bringt in seiner Arbeit Motive und Ideale der Kunstgeschichte in Zusammen-hang, die eigentlich im Gegensatz zueinander stehen, nämlich die Reproduktion suprematistischer, gegenstandsentleerter Malereien und die realistische Darstel-lungsweise seiner abfotografierten Hände. Eingebettet vom „Schwarzen Quadrat“ spitzt er sein Konzept auf die mit der russischen Avantgarde verbundenen Utopien zu. Das Scheitern der klassischen Avantgarde und des Suprematismus werden von Kuball reflektiert, ohne, dass er dabei seinen Blick auf überholte künstlerische Utopien verengt. Er betrachtet das suprematistische Bildwerk nur als Stellvertreter der Gesamtproblematik der Avantgarde und Geschichte. Indem nun versucht wird die suprematistischen Reproduktionen Mischa Kuballs aus ihrem imaginären Raum zu lösen, sollen sie durch das Verteilen in Lüneburger Haushalte in einem konkreten Raum, nämlich den Lebensraum Lüneburger Familien, eingebettet werden. Auf die in der Halle für Kunst eV gezeigten Fotografien wird in den Abendstunden ergänzend eine Videoinstallation projiziert, welche durch die Aufnahme dynamischer Bewegungen einen zeitgenössischen Zusammenhang mit den suprematistischen Idealen der „Dynamik“ und „Bewegung“ im Raum herstellt. Pressetext

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Mischa Kuball - Utopie/Black Square 2001 ff
Ein Ausstellungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Ruhr-Universität Bochum und dem Deutschen Künstlerbund e.V. Berlin