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Die BAUKUNST GALERIE präsentiert erstmals eine große Einzelschau zu den Werken des deutschen Künstlerduos M+M. Zur Eröffnung am Mittwoch, den 1. Februar 2006, 19.00-22.00 Uhr, spricht Dr. Christoph Schaden. „M+M“ steht für die künstlerische Zusammenarbeit von Marc Weis, geb. 1965, und Martin De Mattia, geb. 1963. In der Ausstellung wird eine Auswahl aus den Serien „kurz vor fünf“ und „in front“ präsentiert, an denen die Künstler seit 2001 bzw. 2003 arbeiten.

Im Rahmen des „Artists in Residence“-Stipendium der Villa Aurora werden M+M von April bis Juni diesen Jahres ihre künstlerische Arbeit in Los Angeles fortsetzen. Bereits im Jahr 2002 erhielten sie ein USA-Stipendium des Bayerischen Staates und 1998/99 ein weiteres Stipendium an der Villa Massima in Rom. Zuvor wurde das Künstlerduo 1997 durch den Bayerischen Staatsförderpreis ausgezeichnet. An der Akademie der Bildenden Künste in München übernahmen M+M 2000/01 eine Gastprofessur. Zudem erhielten sie 2001/02 eine Dozentur an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich. Ihre Arbeiten wurden bereits in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen präsentiert, u.a. im Italienischen Pavillon auf der Biennale in Venedig, ZKM Karlsruhe, Sprengelmuseum Hannover, Kunstmuseum Bern, Ludwig Museum Köln und Musée d‘ Art Contemporain Montreal.

Ausgangspunkt der Arbeit von M+M ist stets das Konzeptionelle: „Zunächst gibt es eine Idee, und dann suchen wir nach einem geeigneten Medium, die Idee darzustellen oder umzusetzen.“ Ihre Werke verkörpern eine komplexe Synthese aus Film, Fotografie und „Kunst am Bau“, die sich keiner einzelnen Kunstgattung zuordnen lässt. So sind auch die in der BAUKUNST GALERIE präsentierten großflächigen Fototableaus auf der Grenze zwischen den Medien Film und Fotografie anzusiedeln. Zudem sind die Wände, auf denen die Arbeiten montiert sind, mit von M+M gestaltetem Zeitungs- und Plakatpapier verkleidet, so dass jede Wand zur Skulptur und der Ausstellungsraum zur Rauminstallation wird.

In der Serie „kurz vor fünf“ (Cibachrome auf Alucobond, 125x238 cm) besteht jede „Kurzfilmfotografie“ aus 4290 winzigen, fortlaufenden Filmstills. Das Bildmaterial stammt aus einem knapp dreiminütigen Film, den die Künstler mit professionellen Schauspielern, Kamera und Licht vor Ort inszeniert und anschließend im Computer geschnitten und zum Bild montiert haben. Während sich die Bildsequenzen in extremer Nahsicht detailgenau verfolgen lassen, verschmelzen sie bei zunehmender Entfernung zu einer abstrakten Matrix, die von den dominanten Farben des jeweiligen Sets bestimmt ist. Eine Dechiffrierung wird erst durch eine erneute Annäherung möglich. Jeder Film zeigt jeweils einen einzelnen Mensch in seinem spezifischen Umfeld. Der Titel verweist auf das verbindende Element der Arbeiten: Alle Geschichten spielen kurz vor fünf mitteleuropäischer Zeit. Somit ergibt sich ein synchronisierter Schnitt durch das Leben unterschiedlichster Personen in verschiedenartigen Städten – von Berlin bis New York oder Kalkutta. Die Fotoreihe hat keinen festgelegten Plot und wird kontinuierlich durch neu inszenierte Handlungen an weiteren, bereisten Orten ergänzt. Beabsichtigte, aber wie zufällig herbeigeführte formale und inhaltliche Links zwischen den Arbeiten – wie Farben, Personen oder Requisiten, die mehrfach auftauchen – lassen die einzelnen Kurzfilm-fotografien zu einem komplexen Beziehungsgeflecht werden.

Auch bei der Serie „in front“ (Lambda-Belichtung auf Ilfochrome, Maße variabel) ist das Arbeitsprinzip die Auflösung des Films in seine vielen tausend fotografischen Einzelbilder. Vorlage für diese Arbeiten bilden diesmal nicht selbst inszenierte Geschichten, sondern ausgewählte Fernsehnachrichten der letzten vier Jahre. In Abgrenzung zu den Arbeiten in „kurz vor fünf“ bezeichnen M+M diese daher als „Dokugraphien“, um deren Position zwischen künstlerischer Fotografie und Dokumention zu verdeutlichen. Material für die in der BAUKUNST GALERIE präsentierten Arbeiten liefert die Fernsehansprache von Georg Bush am 14. Dezember 2003, in der dieser die Festnahme Sadam Husseins verkündet. Die Arbeiten werden durch auf Zeitungspapier gedruckte Bild- und Textfragmente der Fernsehansprache ergänzt.

Die Ironie des von M+M gewählten Ausstellungstitels „Man muss auch mal bei der Halbwahrheit bleiben“ entfaltet hier seine Virulenz: Durch die Verwendung von Nachrichtenbildern und bekannten Personen bzw. scheinbar zufällig ausgewählten Szenen an real existierenden Orten, die in chronologischer Abfolge präsentiert werden, spielen die Künstler mit dem Anschein des Dokumentarischen. Die damit verknüpfte Idee der Wahrheit wird im nächsten Moment durch die von M+M vorgenommene Ästhetisierung der filmischen Information zurückgenommen. Politik und Geschichte dringen somit als nicht determinierte, weder linear noch eindeutig darstellbare Größen ins Bewusstsein des Betrachters. Darüber hinaus wird er vor die grundsätzliche Frage gestellt, wie die Fülle von Information in einer von den modernen Medien geprägten, disparaten Lebenswirklichkeit annähernd bewältigt werden kann.

Pressetext

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M+M: Man muss auch mal bei der Halbwahrheit bleiben
M+M München