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Mona Hatoum ist seit langem als eine der zentralen Künstlerinnen der Gegenwart anerkannt. Das Werk der 1952 in Beirut geborenen, jetzt in London lebenden Künstlerin wurde in den vergangenen Jahren in wichtigen Museen vorgestellt. Die große Installation Homebound, die sie 2002 auf der Documenta 11 zeigte und die jetzt im Kunstmuseum Bonn zu sehen ist, brachte ihr auch Deutschland eine größere Aufmerksamkeit. Mit rund 60 Exponaten, Installationen, Objekten, Papierarbeiten, Fotos und Videos gibt nun das Kunstmuseum Bonn erstmals in Deutschland einen umfassenden Einblick in das Werk von Mona Hatoum. Die gemeinsam mit der Hamburger Kunsthalle organisierte Retrospektive, die Leihgaben der Künstlerin und aus amerikanischen und europäischen Sammlungen vereint, reicht von frühen, selten gezeigten Videos und Dokumentationen der Performances der achtziger Jahre bis zu neuen, für die Ausstellung in Bonn entstandenen Arbeiten. Im Eingangsbereich des Museums hat die Künstlerin eine Installation realisiert, in der fließende Bilder des Außenraums in den Innenraum des Museums projiziert werden. Auch hier formuliert Hatoum für sie wesentliche Themen, das Verhältnis von Außen und Innen, der Blick der Überwachung.

Mona Hatoums Arbeiten handeln von institutioneller, gesellschaftlicher Gewalt und Macht und von der Verletzlichkeit und Bedrohung des einzelnen. Seit Ende der siebziger Jahre hat die Künstlerin dabei in einer präzisen und zugleich suggestiven künstlerischen Sprache immer wieder den Körper, oft den eigenen, zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit gemacht. Mit großer Sensibilität verwendet sie sehr verschiedene Materialien. Die klaren und reduzierten Formen stellen einen Zusammenhang mit dem Vokabular der Minimal Art her. Einfache Veränderungen des Materials, des Größenmaßstabs, des Kontextes erzeigen aber eine nachhaltige physische und psychisch Irritation und Berührung des Betrachters.

Nach zahlreichen Performances in den achtziger Jahren entstanden seit den neunziger Jahren vor allem Objekte und Installationen. In der Arbeit Corps étranger untersucht eine Kamera die Oberfläche und das Innere des Körpers der Künstlerin, missachtet die Grenzen und die Identität des Körpers, der als Abgrund und Fremdheit erlebt wird. Stahlbetten und Rollstühle, Krücken aus Gummi definieren Begrenzungen des Menschen. Perfekt ausgeführt enthüllen die Objekte durch haarscharfe Drähte, zu Messern geformte Griffe auf den zweiten Blick eine latente Gewalt. Unter Strom gesetzte Haushalts-gegen--stände zeigen das vertraut Alltägliche als Bedrohung. Besonders in diesen Werken erscheint auch die Fähigkeit der Künstlerin, bei aller emotionaler Nähe und Direktheit und trotz des Anspruchs der Werke zugleich Distanz und humorvolle Leichtigkeit zu wahren. Die Überlagerung widersprüchlicher Empfindungen provoziert die stetige Aufmerksamkeit und Imagination des Betrachters. Werke wie Traffic, Marbles Carpet oder Cage-à-deux sprechen von der Unaufhörlichkeit des Unterwegsseins, der Fremdheit und Instabilität der Welt, die ortlos und weit, aber auch Gefängnis sein kann. Die Arbeiten von Mona Hatoum lassen sich nicht von der biographischen Erfahrung ihres auch kulturellen Exils lösen, sie sind aber nicht Bilder eines persönlichen Schicksals, sondern verführerische wie erschreckende Analysen existentieller Erfahrungen des Individuums in der Konfrontation mit der Welt.

Die Realisierung der Ausstellung wurde von der Kunststiftung NRW und dem Berliner Künstlerprogramm/DAAD unterstützt. Es ist ein Katalog erschienen, der alle ausgestellten Werke abbildet. Pressetext