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Seefahrern verdankt die westliche Welt ihre Kenntnis der Tribal-Tattoos: in Polynesien und anderen pazifischen Regionen entdeckten die Eroberer die abstrakten, einfarbigen Muster aus geometrischen oder organischen Formen an den Körpern der Eingeborenen. In Europa wurde der häufig religiös oder spirituell motivierte Schmuck als Kuriosität goutiert, die Formensprache des wilden Manns fand jedoch keinen Eingang in den ästhetischen Kanon selbst der als heidnisch bewerteten Praxis des Tätowierens.

Nennenswerten Einfluss auf die westliche Kultur nahmen die Tribals erst ab dem Ende der 1970er Jahre in den USA, als unter Gays und Punks Körperschmuck nach polynesischen Vorbildern populär wurden. 1982 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift Tattoo Time unter dem Titel "New Tribalism", die einer elitären Mittelschicht die Ästhetik der ornamentalen Tattoos nahebrachte. Das Magazin suchte Verbindungen zur Kunst und Geschichte, erläuterte kulturübergreifende und spirituelle Aspekte und bemühte sich um eine Abgrenzung von altmodischen, westlichen Motiven die bei der Arbeiterschicht assoziiert wurden. Das Erscheinen des Heftes bildet den Startschuss für den Siegeszug des Tribals, ihre große Popularität handelt ihnen jedoch alsbald auch den Vorwurf ein, beliebig und trivial zu sein.

Im Umgang mit ornamentalen Zeichen ist den Europäern eine gewisse Schizophrenie zu eigen. Die ganz eigenständige Funktion von Ornamenten in der arabischen Kunst erscheint ihnen ästhetisch wertvoll aber gleichzeitig befremdlich zu sein. Einerseits werden Ornamente in der westlichen Kunsttheorie als funktionsgebunden beschrieben, sollen sich dem Ornamentträger unterordnen und ihn in seinem Wesen sichtbar machen. Andererseits wird die ihnen zugewiesene Rolle als bloß schmückendes und dienendes Element scharf kritisiert. Die Existenzberechtigung von Zeichen wird in Frage gestellt, die Begriffe Symbol und Ornament miteinander vermischt.

Welche Umdeutung widerfuhr den Tribals auf ihrem langen Weg von der Südsee in die westliche Welt? Was passiert mit Ornamenten, die aus ihrem Kontext gelöst werden, wie ist das Verhältnis zu ihrem Träger? Monika Stricker verfremdet die Formen mehrfach. Sie isoliert sie von ihrem ursprünglich dreidimensionalen Träger und vergrößert sie als Wandinstallation. Tribals markierten ein Areal auf der Haut. Die Aufgabe der titelgebenden Pioniere ist es, unbekanntes Terrain zu erschließen und zu markieren. Mit den beigefügten Stäben wird einerseits darauf angespielt, andererseits auf die wegbereitende Aufgabe eines Kämpfers. Ein Netz, am Fenster angebracht, trennt die Arbeiten von Außenwelt.

Mit ›Isolated Pioneers‹ spielt Monika Stricker in ihrer zweiten Einzelausstellung in der Galerie Clages auf das Erfüllen einer Funktion an, die aber mangels Verbindung keinen Kontext erfährt.