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„Ein Bild, wie es das Leben uns bietet, ruft im Augenblick, in dem wir seiner ansichtig werden, verschiedenartige Empfindungen hervor,“ schreibt Marcel Proust. „Was wir Wirklichkeit nennen, ist ein gewisses Zueinander von Sinneseindrücken und Erinnerungen.“ FORT rückt dies ins Zentrum, wodurch eine atmosphärische Dichte entsteht, welche das absurde Potential des Alltags hervorhebt. Die Künstlerinnen verbindet „die Liebe zum Film, zum Unheimlichen, (...) zur Wiederholung und zu den Eingriffen des Zufalls“.

MORGEN LETZTER TAG im Kunsthaus Dresden – Städtische Galerie für Gegenwartskunst ist die erste institutionelle Einzelausstellung des Künstlerkollektivs. Entsprechend dem Titel präsentiert sich das Kunsthaus mit einer verbarrikadierten Fassade. Nur das Erdgeschoss ermöglicht die Sicht ins Innere. Hier inszeniert FORT eine Blicksituation, in der der Betrachter mit dem Motto der Ausstellung konfrontiert wird.

Das Motiv des Erinnerns als öffnenden Zwischenraum wird in der Arbeit KUBLAI‘S PLAN, 2012, aufgegriffen. „That Sunny Dome Those Caves of Ice“ ist ein Ausschnitt aus einem Gedicht von Samuel Taylor Coleridge. Es erzählt von einem Palast, der zwanzig Jahre später auch in der ersten abendländischen Fassung einer persischen Geschichtensammlung von Rashid-Al-Din vorkommt. Hier ist zu lesen: „Im Osten von Shang-tu errichtete Kublai Khan einen Palast nach einem Plan, den er in einem Traum geschaut und im Gedächtnis behalten hatte“.

Die Ausstellunggestaltung folgt dem Motiv „MORGEN LETZTER TAG“. Die verriegelten Fenster und abgedunkelten Räume des Obergeschosses erzeugen eine Twilight-Zone. Manchmal spielt eine Jukebox Bob Linds „Cool Summer“. Im angrenzenden Raum findet der Besucher sich auf dem Beckenboden eines Swimmingpools wieder, der an einen verlassenen Sommerort nach Saisonende erinnert. Sobald die Poolwand überwunden ist, begegnet er WRONG PREY, 2013.

Die Videoarbeit THE SHINING, 2013, zeigt eine Clubsituation, in der Kinder zu Technomusik tanzen. Sound und Bild sind verlangsamt, was das Wechselspiel aus kindlicher Unschuld und nachgeahmter Pose freilegt. Die Stimmung schwankt zwischen energetischer Leichtigkeit und beunruhigender Erwartung, eine Zweideutigkeit, die auch im Titel der Arbeit aufgegriffen wird. „Shining“ ist die Bezeichnung eines Lichtphänomens, aber auch der Verweis auf den gleichnamigen Kultfilm von Stanley Kubrick. Diese eklektische Mischung verbindet nicht nur die präsentierten Arbeiten von FORT, sondern macht auch die ästhetische Erfahrung der gesamten Ausstellung aus.

Zu den Künstlerinnen:

Das Künstlerkollektiv FORT wurde 2008 von Anna Jandt (geboren 1980), Jenny Kropp (geboren 1978) und Alberta Niemann (geboren 1982) ins Leben gerufen. Die erste gemeinsame Ausstellung fand im gleichen Jahr in den KW Berlin statt, wo die Gruppe die Installation „Hotel Marienbad“ präsentierte. 2009 folgte die viel beachtete Ausstellung „Point Gray“ im Neuen Museum Weserburg in Bremen, seither war FORT in mehreren internationalen Gruppenausstellungen vertreten, unter anderem im Museum of Modern Art in Warschau („Wystawa“, 2010), im La Maison Rouge in Paris („Mémoires du Futur – La Collection Olbricht“, 2011) sowie in den KW Berlin („ONE ON ONE“, 2012). 2012 zeigten sie ihre Rauminstallation „Leck“ in der Galerie Crone (Berlin). Das Künstlerkollektiv wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, unter anderem dem renommierten Karl Schmidt-Rottluff Stipendium 2012. 2013 erhielt FORT den Karl H. Ditze Preis der Hochschule für Bildende Kunst in Hamburg. Kürzlich wurden die Künstlerinnen zudem für den „Zurich Art Prize“ im Haus Konstruktiv nominiert.

Das Kunsthaus Dresden arbeitet seit Anfang 2012 mit FORT zusammen. In der Gruppenausstellung „Settings“, die vom 3. August bis zum 14. Oktober 2012 im Kunsthaus Dresden präsentiert wurde, war FORT mit der Filminstallation „LOU“, 2012, vertreten. Auf dem Festival „Testing (Re-)Production“, das im Januar 2013 in Kooperation mit dem Muzeum Sztuki in Łodz stattgefunden hat, haben die Künstlerinnen „LOW LID“, 2012/2013 in der Sonderausstellung „Correspondences. Modern Art and Universalism“ performt, wobei sich die Künstlerinnen ein Anästhetikum verabreichten und in einen Tiefschlaf fielen.

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MORGEN LETZTER TAG
 FORT 
Kuratorin: Petra Reichensperger