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Die Galerie Campagne Première zeigt vom 25. Oktober bis 20. Dezember 2008 Arbeiten von Moritz Hirsch. Kein Filmprojektor surrt, wenn man den Fernseher anschaltet, kaum ein Bild flimmert noch über die Mattscheibe, Pixelfehler werden selten. Sounddesigner sind die Komponisten des perfekten Klicks an den Fotoapparaten. In unserem alltäglichen Umgang entziehen sich die Medien fast unserer Aufmerksamkeit; so lesen wir eine Geschichte und nicht Buchstaben, wir tauschen im Gespräch nicht Töne aus, sondern Meinungen und Gedanken, und im Kino vergessen wir die Projektionsfläche. Medien wirken wie Glasscheiben, sie werden ihrer Aufgabe umso besser gerecht, je durchsichtiger sie sind, je unauffälliger sie unterhalb der Schwelle der Aufmerksamkeit verbleiben. Das perfekte User-Interface generiert eine Oberfläche, die wir kontrollieren können, ohne sie verstehen zu müssen. Bleibt die Frage, wer wen kontrolliert und die Sehgewohnheiten bestimmt. Die Ausstellung vereint mehrere fotografische Werkgruppen und eine Lichtinstallation, die auf unterschiedliche Weisen den Status des Mediums Fotografie befragen. Ein Rauschen, ein Kratzer bringt das Medium selbst in Erinnerung, zeigt dass die sonst durchsichtige Glasscheibe materiell vorhanden ist, indem gerade die Beeinträchtigung, der Schaden auf der Oberfläche auf das „Looking Glass“ aufmerksam macht. Die Serie „Tabletop“ von Moritz Hirsch ist ein medialer Gobelin, nicht ganz frei von ironischer Anspielung: eine Aufzeichnung der Bewegungen und Turbulenzen auf seinem Schreibtisch unter diversen Einflüssen und Einwirkungen in den Jahren 2000 bis 2008. Die Mehrfachbelichtungen der auf den ersten Blick romantischen Landschaften „Gelb“, „Blau“ und „Rot“ überlagern die Momentaufnahme durch einen Ausblick auf einen anderen Moment, aber auch Lichtspuren der Entwicklung und mechanische Verunreinigungen verklären hier den Blick. Die dekonstruktivierende Aufmerksamkeit von Moritz Hirsch auf die Bedingungen der Fotografie bleibt immer das Sujet seiner Werke, während die Gegenstände wie Nebensächlichkeiten wirken, so in „Mount Everest 1 und 2“ und „Nordwand“ oder in „Spirit Level“. Diese durch Langzeitbelichtung und bewegliche Blitze erstellte Fotografie wirkt wie eine sichtbar gemachte Energie und Bewegung im Raum stillgelegter Erinnerung. Die Szene in einer Garage zeigt zufällige Accessoires, einen Ball, eine Wasserwaage, eine Farbwalze und eine Bohrmaschine, sowie die erahnbare Silhouette einer Figur, die an verschiedenen Punkten im Raum Blitzlichter ausgelöst hat. Die Fotografie als transparentes Abbild von Welt erscheint plötzlich opak ohne abstrakt zu werden, indem sie ihre rein abbildende Funktion verliert und gleichzeitig scheinbar nicht Sichtbares erfahrbar macht. Die Spiegelprojektion „B 255“ zeigt zwei gleichgroße blaue Flächen, die sich in einem schmalen gelblichen Farbstreifen berühren. Die rückwärtig auf einen Spiegel projizierten Farbbilder sind identische „B 255“ Farbprojektionen, die allerdings ungleich erscheinen. Die eine mit deutlich mehr Rastergittern als die andere, und jeweils jenes Farbfeld, vor dem der Betrachter sich befindet, erscheint als das dunklere. Diese Differenz ist allein der technischen Unterschiedlichkeit der baugleichen Projektoren geschuldet. Der gelblich scheinende Streifen zwischen den blauen Flächen wird lediglich durch einen Komplementäreffekt hervorgebracht. Das Fotografische des Projekts von Moritz Hirsch lässt sich einzig aus der Reflexion des Bildträgers und der Produktionsmodalitäten, die diesen generieren, bestimmen. Als theoretischer Gegenstand lässt es kritische und historische Anmerkungen, welche die Fotografie zum Thema haben, überdenken und hinterfragen. In der Ausstellung wird die sublime Autonomie seiner Werke erfahrbar.

From October 25 until December 20, 2008, Campagne Première is showing works by Moritz Hirsch. The projector has gone quiet, when one switches on the television, hardly an image still flickers over the screen, defective pixels are seldom. Sound designers are the composers of the perfect camera click. In our everyday lives, media have almost disappeared from sight: we read a story not letters; in a conversation, we don’t exchange sounds but thoughts and opinions; and in the cinema, we forget the screen. Media operate like a sheet of glass: their purpose is better served, the more transparent they are, the more discretely they remain beneath the threshold of attention. The perfect user interface creates a surface that we can control without having to understand it. The question remains, however, who controls whom, and who determines the way we see. This exhibition brings together several photographic works and a light installation that examine, in different ways, the status of the photographic medium. Visual noise, scratches recall the medium itself. The transparent sheet of glass gives way to a material presence. It is precisely this interference, the damage on the surface on the “Looking Glass” that makes us attentive. The series “Tabletop” by Moritz Hirsch is a medial tapestry, not entirely free of ironic allusion: a recording of the movements and turbulences on his desk under diverse influences and effects in the years from 2000 to 2008. The multiple exposures of what at first glance look like romantic landscapes “Yellow”, “Blue” and “Red” superimpose one photographic instant over another, while the scene is illuminated further by light traces from the developing process as well as mechanical disturbances. The subject of Moritz Hirsch’s work is always the deconstructivist attention to the conditions of photography, while the subject matter seems to remain incidental. This is the case in “Mount Everest 1 and 2” and “Nordwand” (North Face), as well as “Spirit Level”. The latter, which is the result of long exposures and moving flashes, seems to be a visualisation of energy and movement in a space of dormant memory. The scene in a garage shows random accessories, a ball, a spirit level, a paint roller and an electric drill, as well as the suggested silhouette of a figure who has set off flashes in different points of the space. The photograph as transparent description of the world suddenly appears opaque without becoming abstract. It has lost its purely representational function without opening up a visible dimension to experience. The mirror projection “B 255” shows two blue fields of equal size that touch in a narrow strip of yellow. The colour fields, which are projected onto the mirror from behind, are identical “B 255” colour projections that nevertheless seem to show slight irregularities. One has a more prominent raster, and, in each case, the one the viewer is standing in front of appears as the darker one. This divergence is due solely to technical differences in the otherwise identical projectors. The yellowish strip between the blue surfaces is the result of a complementary effect. The photographic dimension of Moritz Hirsch’s project is exclusively determined by a reflection on the picture support and the production procedures that generate this. As theoretical object, it provokes questions and considerations about critical and historical discourses that take photography as a subject. In this exhibition the viewer is able to experience the sublime autonomy of his works.

only in german

Looking Glass
Moritz Hirsch