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Häufig sind es die Materialien Pappelholz und Aluminium die im Zentrum deiner zwei- und dreidimensionalen Arbeiten stehen. Ihre malerische und zugleich skulpturale Be- und Verarbeitung mit Beize, Glas-, Lack- und Acrylfarben, eingefärbten Fäden, Furnier, Drähten, Perlen, Schnüren oder Bambusstäbe erzeugen inhaltliche Assoziationen, die gleichzeitig im Bereich der Abstraktion verankert sind. Welche Rolle spielen für dich die genannten Materialien?

Die von mir benutzten Materialien verlieren ihre Dinglichkeit und werden frei von den ihnen anhaftenden Assoziationen. Sie sind ausgesucht nach der ihnen innewohnenden Haptik, der Möglichkeit ihrer "Formbarkeit" und nicht "Formbarkeit", ihrer "Bearbeitbarkeit". Alle Teile werden zu gleichwertigen Elementen meiner künstlerischen Aussage, sie bedingen sich und schließen sich aus, sie werden zu visuellen Informationsträgern. So treten abstrakte Inhalte wie Linie, Farbe, Bewegung, Dimensionalität, Fläche und Raum an Stelle des Materials. Es handelt sich sozusagen um eine „geistige Choreographie“, das Zusammenspiel als „Tanz des Geistes“.

Interessanterweise sind deine Titel immer sehr bewusst von dir gewählt und klein geschrieben. Als eine Art „verbale Collage“ eröffnen sie einen zusätzlichen Bedeutungsraum, Titel früherer Arbeiten sind beispielsweise „meerdurchstäubte“, „feuerumsonnt“ oder „lichtschliff“. Wo liegen die Ursprünge solcher Titel und welche Rolle spielt Literatur in deinen Arbeiten? Ähnlich wie das Material wird auch die Sprache nicht in ihrem ursprünglichen Sinne eines Titels oder einer Überschrift benutzt. Sie ist Teil der Arbeit, Teil der "Collage" und weist gleichzeitig aus der Arbeit heraus. So wie z.B. der Bambus zur linearen Bewegung wird, löst sich die Sprache von ihrer Bedeutung, sie wird zu Laut, Ton, Musik, Komposition. Bei den Wörtern greife ich häufig auf Gedichte von Paul Celan zurück. Gedichte sind eine ähnlich sich bedingende Collage wie meine Arbeiten, bei denen kein Wort ausgetauscht und keine Zeile verlängert werden kann. Die einzelnen Teile sind nicht veränderbar, von den anderen abhängig und bedingen sich gegenseitig. Viele Wörter sind auch ganz persönliche Begriffsschöpfungen, wie auch der Titel der Ausstellung "in zwischengewittern".

Literatur im engeren Sinne spielt keine Rolle, wobei mir die Schriften des Philosophen Michel Serres sehr wichtig sind, insbesondere das Werk Die fünf Sinne. Seine Philosophie der „Gemenge und Gemische", ist „Bibel“ und Fundus zugleich für mich, beschreibt es doch die Möglichkeit mit allen Sinnen in etwas zu sein, das Ganze als zusammenhängendes „Wirrsal“ zu verstehen.

Sind die einzelnen Elemente der Ausstellung „in zwischengewittern“ als zusammenhängende Installation zu verstehen? Welche Rolle spielt der konkrete Ausstellungsraum?

Der konkrete Ausstellungsraum spielt nicht immer eine Rolle, und dich versuche ich auf diesen einzugehen, bzw. ihn mit einzubeziehen. Meistens entwerfe ich eine maßstabgetreue "Skizze" des tatsächlichen Ausstellungsraumes in meinem Atelier, indem ich dessen Dogville-Adaption mittels Klebeband auf dem Boden meines Ateliers auftrage, die Hauptwände nachbaue und versuche Raum und Arbeiten zu einer Gesamtheit zusammen zu fügen. Geleitet von den Arbeiten und dem Raum entstand die Ausstellung "in zwischengewittern". Der Ausstellungstitel war für mich sozusagen Arbeitstitel. Die Arbeiten dieser Ausstellung sind zwar nicht als zusammenhängende Installation zu sehen, sollen aber trotzdem gemeinsam etwas in dem Raum „beschreiben“ - einen Zustand, eine Atmosphäre, eine Möglichkeit. Die Arbeiten sollen miteinander und gleichzeitig mit dem Betrachter in einen Dialog treten.

Myriam Holme (1971*) lebt und arbeitet in Mannheim und Karlsruhe. Bis 2002 hat sie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei Meuser und Andreas Slominski studiert. Zuletzt sind Ihre Arbeiten in Ausstellungen im Kölner Kunstverein („Deutschland sucht...“), Künstlerhaus Stuttgart („Paperworks“), Columbus Art Foundation („drei, zwei, eins”) zu sehen gewesen und der Doggerfisher Gallery („Liquid, soft, lightning, touch”) in Edinburgh zu sehen gewesen.

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Myriam Holme: in zwischengewittern