press release only in german

KUB Arena

Die kenianische Hauptstadt Nairobi, deren Entstehung eng mit dem kolonialen Projekt des Eisenbahnausbaus 1899 von Mombasa an der Küste bis zum Viktoriasee zusammenhängt, ist eine der bedeutendsten Wirtschaftsmetropolen Ostafrikas und Hauptsitz zahlreicher internationaler Organisationen. Gleichermaßen entwickelte sie sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Zentrum einer dynamischen Kunst- und Kulturszene. Mit den lokalen Auswirkungen der Globalisierung, der Liberalisierung der nationalen Kommunikationsmedien und der Einführung des Internets in den 1990er Jahren sowie des Endes des repressiven Regimes von Daniel arap Moi 2002 gingen auch im Kunstfeld grundsätzliche Veränderungen einher. Trotz anhaltenden Mangels staatlicher Förderungen bildeten sich zahlreiche selbstorganisierte Initiativen und transnationale Arbeitszusammenhänge, deren Akteure das wachsende Interesse teilen, nationale Narrative und gesellschaftspolitische Entwicklungen herauszufordern und kritisch zu hinterfragen. Vor dem Hintergrund der kolonialen Vergangenheit Ostafrikas und zum Teil bis heute fortbestehender Machtstrukturen entwerfen die in der KUB Arena präsentierten Arbeiten eigene Perspektiven auf ihre Umgebung, ihre Geschichte sowie auf die steten Veränderungen, die das gegenwärtige Nairobi ausmachen.

Jacob Barua geht in der Serie Nairobi — A Utopia in the Eye of the Beholder (2007 — 2012) von der architektonischen Stadtlandschaft aus, um über die fotografische Freistellung einzelner Gebäude die in sie eingeschriebene Geschichte zu analysieren. In ihrer Gesamtheit, einem Nebeneinander unterschiedlichster, vielfach importierter Stile und Techniken, verweist die Serie auf Nairobi als Projektionsfläche, als Tabula rasa implementierter Visionen, Utopien und Lebensentwürfe.

Laura Horelli wiederum kehrt in der Videoarbeit The Terrace (2011) zu einem Wohnkomplex in Nairobi zurück, in dem sie einige Jahre ihrer Kindheit verbrachte. Im Gegensatz zu Barua aktiviert sie innerhalb eines abgegrenzten Raums anhand von Fotografien und Videoaufnahmen ihre Erinnerung an den familiären Lebensalltag und liefert Einblicke in die sozialen Strukturen der kenianischen Gesellschaft Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre.

James Muriuki nutzt ebenfalls das Medium Fotografie, wobei sein Blick auf gegenwärtige Prozesse der Veränderung und Bewegungen im öffentlichen Raum gerichtet ist: auf die im Bau befindlichen Architekturen, die als Symbole von Macht, Fortschritt und Technologie die heutige Textur der Stadt prägen. Auch in den großformatigen Kohlezeichnungen von Peterson Kamwathi Waweru sowie in den Arbeiten von Sam Hopkins, Kevo Stero und der Künstlergruppe Maasai Mbili bilden Beobachtungen des städtischen Umfelds den Ausgangspunkt. Allen ist der Bezug auf eine Gesellschaft gemeinsam, in der, beeinflusst von historischen sowie aktuellen sozialen Begebenheiten, kontinuierlich Ideen und Lebensweisen importiert und angeeignet werden — durch die britische Kolonialzeit und die spätere Dominanz des Entwicklungshilfesektors, durch asiatische »ArbeitsmigrantInnen«, Flüchtlingswellen oder die ökonomisch bedingte Landflucht. Anstatt diese vielfältigen Konzepte und Einflusslinien nachzuzeichnen, geht es den KünstlerInnen darum, sie in die Gegenwart zu ziehen, verborgene Strukturen zu erfassen und der Stadt als Handlungsraum zu begegnen. In ihren Arbeiten werden Bilder einer Stadt entworfen, die von der Simultaneität unterschiedlichster Einflüsse handeln; Bilder, in denen Erzählstränge offen gelegt werden, die weit über klischierte Postkartenmotive, exotisierende Fremdzuschreibungen oder nationalistische Identitätskonzepte hinausreichen.

Naeem Biviji und Bethan Rayner des in Nairobi ansässigen Architektur- und Designbüros Studio Propolis entwickelten anlässlich der KUB Arena-Ausstellung eine Architektur, die das Projekt und seine inhaltliche Ausrichtung räumlich umsetzt.