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Eröffnung am Freitag, dem 7. November 2008, 19-22 Uhr

Der Ausstellungstitel bezieht sich auf das gleichnamige Melodram Alfred Hitchcocks, an dem Natalia Stachon ein cineastischer Effekt besonders faszinierte: Eine Kamerafahrt in die Tiefe, mit gleichzeitig gegenläufigem Zoom, veranschaulicht die durch ein Gefühl von Schwindel ausgelöste räumliche Verunsicherung des Protagonisten. Unserer subjektiven Wahrnehmung von Raum gilt das vorrangige Interesse der Künstlerin. Ihre Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien und Videoarbeiten definieren räumliche Strukturen und erproben deren emotionales Potenzial.

Natalia Stachons jüngstes Werk VERTIGO bildet den Mittelpunkt ihrer Ausstellung im kjubh. Den weiß lackierten kubischen Körper durchschneidet eine Plexiglasscheibe vertikal in zwei ungleiche Hälften. Bei näherer Betrachtung irritiert eine geometrische Unstimmigkeit. Die beiden Teile fügen sich nicht aneinander, vielmehr scheint sich die kleinere Hälfte in den Boden abzusenken. Bei der Bewegung um das Objekt verstärkt sich der Eindruck der Instabilität. Vor dem Hintergrund einer tiefschwarzen Wand vermittelt die spiegelnde Glasfläche immer wieder andere Perspektiven. Die realen Verhältnisse des Raumes scheinen aus dem Gleichgewicht zu geraten. An der benachbarten Wand führt MARCHING das Vexierspiel fort. Eine feine Edelstahlleiste, die ihren Stand fixiert, rückt die schlichte Plexiglasscheibe zudem in den Fokus formaler Betrachtung. Fünf Bleistiftzeichnungen der Werkgruppe CLUSTER zeigen lineare Strukturen, zwischen denen sich auf dem Papier krakeleeähnliche Vernetzungen ausbreiten. Aus der Distanz betrachtet, eröffnen sie eine weitere Ebene. Es entsteht das Bild einer urbanen Landschaft, auf deren Pflaster die Bewegung im Raum der Zeit ihre Spuren gesetzt hat. Natalia Stachons aktuelle Arbeiten knüpfen an Konzepte der sechziger und siebziger Jahre an, die der Aktivierung des Raumes galten. Die junge Künstlerin widmet sich im Rahmen dieser Thematik dem Moment subjektiver Empfindung von Raum. Für ihre als Diptychon präsentierten Bleistiftzeichnungen mit dem Titel CONTAINER hat sie u.a. digitale Kopien der Untitled Anarchitecture von Gordon Matta-Clark adaptiert. Es scheint, als könne sich aus den formalisiert dargestellten Architekturen ein chaotisches Innenleben befreien. Vor den destruktiven Akt stellt sich damit die emotionale Wirkungskraft dieser Idee. Die ästhetische und mitunter fragile Gestalt ihrer Skulpturen wendet sich an die sinnliche Wahrnehmung des Betrachters. Deren nie eindeutige räumliche Konstruktion, welche auch die Fotografien und Zeichnungen charakterisiert, erschließt sich erst durch eine differenzierte Auseinandersetzung damit. Natalia Stachon inszeniert eine Atmosphäre der Aufmerksamkeit, die sowohl die Werke selbst als auch deren Beziehung zum Raum und die eigene Anwesenheit darin erlebbar werden lässt.

Natalia Stachon wurde 1976 in Katowice, Polen, geboren. An der HBK Hamburg studierte sie von 1997- 2002 Visuelle Kommunikation, folgte 2001-2002 einem Stipendium an die Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich und schloss das anschließende Studium Freie Kunst an der HBK Hamburg 2004 mit dem Diplom ab. 2004 erhielt sie das DAAD–Postgraduiertenstipendium für die Schweiz. 2006 gründete sie ihren privaten Ausstellungsraum „Next Visit“. Natalia Stachon lebt in Berlin und wird von den Galerien Laurin, Zürich, und Loock, Berlin, vertreten. Der Katalog ihrer letzten Einzelausstellung „Lieber noch als meinen Augen trauen“ in der Loock Galerie ist im kjubh erhältlich.

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Natalia Stachon
Vertigo

eingeladen von Dagmar Behr