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Naufus Ramírez-Figueroa. The Luminous Grid
Eröffnung: Freitag, 02.03.2018 19:00—21:00
02.03.2018—07.04.2018

Naufus Ramírez-Figueroa (*1978 in Guatemala City, Guatemala) untersucht in seinen Arbeiten Auswirkungen der Geschichte auf den Körper und seinen Ausdruck, sowie auf das bar Figürliche. Seine meist auf persönlichen Erinnerungen basierenden skulpturalen Installationen, Performances, Zeichnungen sowie Videoarbeiten sind geprägt durch eine bühnenartige Szenerie und zeigen sich in einer erzählerischen Form- und Farbsprache.

In seiner ersten Ausstellung The Luminous Grid bei Sies + Höke, entführt Naufus Ramírez-Figueroa uns in eine bizarre Szenerie. Entlang eines leuchtenden Rasters, das durch den Raum führt, begegnen wir Wesen, deren Erscheinungen Bildern des Unterbewusstseins entspringen. Unter einer Art Ernte-Hängevorrichtung versammeln sich allerlei Mutationen aus Mensch und Pflanze, eigenartig gepaarte Figuren und Gegenstände sowie satte Pflanzen. Inszeniert in einer beklemmenden UV-Licht-Dunkelheit wachsen aus figürlichen Beinen Blattranken und Pflanzengeflecht pariert statisch wie Gestein am Boden. Das gesamte Setting mit seiner illuminierten Konstruktion erinnert an futuristische Biotech-Visionen, die das Unbehagen des Menschen gegenüber unkontrollierbarem technischen Fortschritts heraufbeschwören.

Die hier ausgestellte Skulpturenserie entstand im vergangenen Jahr für die Schau Linnæus in Tenebris im CAPC Bordeaux. Historischer Ausgangspunkt hierfür sind die Auswirkungen der Theorien des Naturforschers Carl von Linné aus dem 18. Jahrhundert. Er begründete seinerzeit die Taxonomie, eine hierarchische Einteilung der Botanik, und ebnete durch seine Systematik aber auch den Weg für eine Geschlechterhierarchie und Rassentheorie. In Zeiten der westlichen Kolonialisierung pflegte Linné engen Kontakt zu spanischen Wissenschaftlern, die damals im Zuge der Aufklärung die zentralamerikanische Flora und Fauna erforschten.

Mit Skulpturen von Bananenbüscheln, von Kakaofrüchten oder Vanilleorchideen rekonstruiert Ramírez- Figueroa Pflanzen im Ausstellungsraum, die heute die mächtigsten und umstrittensten Wirtschaftsgüter Lateinamerikas sind. Sie, wie auch die verformten Körper, mögen hier von sozialen und ökologischen Konsequenzen durch die Kolonialgeschichte Lateinamerikas erzählen. Diese Fäden verknüpft der Künstler mit seiner naiv anmutenden Formalästhetik. Entgegen ihrer schimmernden Hülle sind die Skulpturen roh, aus einfachem Styropor gefertigt und transferieren ihre historischen Referenzen ins hier und jetzt, gar in die Zukunft. Wie Requisiten oder nachempfundene Alltagsrelikte betonen sie selbst ihre materielle Künstlichkeit und hinterfragen zugleich die globale Bedeutung der Aufklärung.

Ramírez-Figueroas Arbeit funktioniert als eine endlose Narration aus traumartigen Bruchstücken und Bildern seiner eigenen Lebenserinnerungen. Er lädt damit zu einer Fülle an Deutungen ein und fordert eine persönliche Fortsetzung seiner Erzählung.

Naufus Ramírez-Figueroa (*1978 in Guatemala City, Guatemala und aufgewachsen in Kanada) lebt und arbeitet derzeit in Guatemala City und Berlin. Zu seinen letzten Einzelausstellungen gehören: Shit Baby and the Crumpled Giraffe, Kunsthalle Lissabon (2017); Linnæus in Tenebris, CAPC, Bordeaux (2017); Die Vereinigung zweier Flamingos auf einem Blechdach, Mies van der Rohe-Stipendium, Haus Esters, Kunstmuseen Krefeld (2017); God’s Reptilian Finger, Gasworks, London (2016). Seine Performances wurden im letzten Jahr u.a. im LACMA, Los Angeles und im Solomon R. Guggenheim Museum, New York aufgeführt. Außerdem wurden seine Arbeiten auf der 57. Biennale in Venedig (2017), der 32. Biennale von São Paulo (2016) sowie der 10. Gwangju Biennale (2014) gezeigt. 2016 nahm er am DAADKünstlerprogramm in Berlin teil und entwickelte, unterstützt vom Performance-Netzwerk Corpus, mehrere Performances und Videoarbeiten für internationale Institutionen. Seine Werke sind in zahlreichen Sammlungen weltweit vertreten u.a. im Solomon R. Guggenheim Museum, New York oder dem FRAC Grand Large – Hauts-de-France, Dunkerque.

Text: Dorothee Mosters