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"Wie erklärt sich ihre Besessenheit vom Monumentalen? Rührt sie von ihrer lebenslangen Bewunderung ägyptischer Kunst her oder von der schicksalhaften Notwendigkeit, den Beweis erbringen zu müssen, dass eine Frau im monumentalen Maßstab arbeiten kann?

Was ist zu ihrer Architektur zu sagen? Was für eine Art verrückter Architektur ist das? Ihr Tarot-Garten steht in der klassischen Tradition phantastischer Gärten und ist zugleich die ambitionierteste seit Gaudis Parque Güell." (Niki über Niki, in: Niki de Saint Phalle, Bilder - Figuren - Phantastische Gärten, München 1987)

Der Höhepunkt des bildhauerischen Werkes Niki de Saint Phalles ist sicherlich der 1979 begonnene "Giardino dei Tarocchi". Mehr als 20 Jahre beschäftigte die Künstlerin sich mit diesem gigantischen Projekt, in dem die Figuren des Tarot-Spiels als große Skulpturen und Architekturen in einem eigenen Park ein ganz eigenes Ensembles entwickelten. Heute gehört dieser Park zu einem der meist besuchten Orte in der südlichen Toskana; gerade für deutsche Besucher ist dies ein besonderer Anziehungspunkt.

In der Schenkung Niki de Saint Phalle im Sprengel Museum Hannover sind ca. 60 Arbeiten enthalten, die auf ganz besondere Art und Weise von der jahrelangen Vorbereitung des Gartens als Gesamtkonzept und der Entwicklung der einzelnen Figuren und Skulpturen, begehbaren Architekturen, Wegeführung und Möbel zeugen. Das Sprengel Museum Hannover stellt erstmalig all diese Arbeiten in einer eigenen Werkschau vor. Die Entwürfe und ersten Gesamtansichten stehen neben realisierten Fassungen vollendeter Arbeiten, die sich in weiteren Exemplaren heute im Garten in der Toskana finden. Die Ausstellung führt in einen der jüngsten Künstlergärten der europäischen Kunstgeschichte ein, der international seinesgleichen sucht. Die Träume der Niki de Saint Phalle wurden hier in einer groß angelegten Gartenidee realisiert.

Der Betrachter wird an einem kleinen Teich von großen Figuren empfangen, die sich wie ein Ensemble um ihn gruppieren. Der "Magier" und die "Hohepriesterin" sind hier zu finden, das "Rad des Schicksals", die "Stärke" in Figur eines Drachens und einer Prinzessin, die "Sonne", der "Tod", der "Teufel", die "Welt", der "Narr", der "Hängende", der "Lebensbaum", die "Gerechtigkeit" und in ihr eingeschlossen die "Ungerechtigkeit". Die "Wahl", der "Eremit", der "Turm von Babel", der "Kaiser" und die "Kaiserin" sind Figuren und Gebäude, die im Giardino dei Tarocchi ganz unterschiedlich in ihrer bildhauerischen Erscheinung formuliert sind. In unserer Ausstellung sind viele der einzelnen Ideen für diese Räume zu sehen; die bildhauerische und zeichnerische Arbeit antizipiert dabei den in der späteren Realisierung folgenden engen Austausch mit der die Dinge umgebenden Natur.

Unmittelbarer Anlass für den Tarot-Garten ist das traditionelle Tarot-Kartenspiel, ein Spiel mit mittelalterlichen Figuren, das heute vor allem zum Wahrsagen benutzt wird. Niki de Saint Phalle hatte für sich im Tarot die Möglichkeit entdeckt, Sinnbilder für komplexe Lebenssituationen und gesellschaftliche Wirklichkeiten des 20. Jahrhunderts zu formulieren. Davon erzählt diese Ausstellung. "Wenn das Leben ein Kartenspiel ist, dann sind wir geboren worden, ohne die Spielregeln zu kennen. Und doch müssen wir mitspielen.

Ist das Tarot nur ein Kartenspiel oder verbirgt sich dahinter eine tiefere Erkenntnis? Ich bin davon überzeugt, dass diese Karten eine wichtige Botschaft enthalten… Dem Tarot verdanke ich ein besseres Verständnis der geistigen Welt und der Probleme im Leben - auch die Einsicht, dass jede Schwierigkeit gelöst werden muss, damit man erneute Hürden in Angriff nehmen kann, und schließlich die innere Einheit und die Gärten des Paradieses zu erreichen." (Niki de Saint Phalle, Tarot-Garten, in: Katalog München, a.a.O., S. 148)

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Niki de Saint Phalle. Der Tarot Garten
Skulpturen, Entwürfe, Zeichnungen